Rz. 4
§ 200 Abs. 1 enthält eine Sonderregelung für die Verpflichtung der Unfallversicherungsträger, auch auf Widerspruchsrechte gegenüber anderen Sozialleistungsträgern hinzuweisen, wenn diese nicht selbst zu einem Hinweis auf das Widerspruchsrecht verpflichtet sind. § 200 Abs. 2 enthält ebenfalls eine Sonderregelung für Versicherte, die sich danach im Rahmen von mehreren vorzuschlagenden Gutachtern einen Gutachter auswählen können; die lange umstrittene Frage, ob dieses Auswahlrecht auch für Gutachten der Unfallversicherungsträger im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, hat das BSG inzwischen bejaht.
Vergleichbare Regelungen existieren in den anderen Sozialgesetzbüchern nicht. Weitergehend als ein Auswahlrecht wäre ein Vorschlagsrecht des Versicherten für einen Gutachter, welches indes nach geltendem Recht in keinem der Sozialgesetzbücher (anders als in § 109 SGG) existiert.
Allgemein gilt es für Versicherte allerdings zu bedenken, welche Auswirkungen eine Ablehnung von Gutachtern oder der Widerspruch gegen die Heranziehung von Unterlagen haben können; denn bei Nichterweislichkeit von anspruchsbegründenden Tatsachen kann hieraus die Gefahr erwachsen, dass wegen der regelmäßig beim Versicherten liegenden Feststellungslast mangels Nachweises eine Entscheidung zulasten des Antragstellers ergeht. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung, soweit deren Voraussetzungen nicht nachgewiesen sind, bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.
Rz. 5
Ein Versicherter ist demnach im Ergebnis trotz seiner Widerspruchsrechte häufig i. S. einer Obliegenheit dennoch verpflichtet, dem Unfallversicherungsträger bzw. einem von ihm hinzuzuziehenden Gutachter die Angaben zugänglich zu machen, die zur Prüfung eines geltend gemachten Anspruchs erforderlich sind, somit auch der Erteilung von Auskünften durch ihren behandelnden Arzt zuzustimmen und diesen entsprechend von der Schweigepflicht zu entbinden. Das geltende Recht kennt im Übrigen keine Vorschrift, die den Untersuchungsgrundsatz des § 20 Abs. 1 SGB X derart einschränkt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines geltend gemachten Anspruchs, soweit medizinische Fragestellungen zu beurteilen sind, der vom Versicherten gewünschte Gutachter immer dann heranzuziehen ist, wenn der Versicherte eine konkrete Auswahl trifft; denn sonst bräuchte man § 109 SGG bereits nicht. Aus der Regelung des § 76 Abs. 2 SGB X lässt sich nicht das allgemeine Recht des Versicherten herleiten, den im Verwaltungsverfahren zur Prüfung des geltend gemachten Leistungsanspruchs hinzuzuziehenden Gutachter selbst bestimmen zu können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.11.2001, L 4 KR 1402/01).
Auch unter dem Gesichtspunkt des Sozialdatenschutzes ist es einer Krankenkasse nicht verwehrt, eine Leistung mangels Mitwirkung zu versagen, wenn der Versicherte die Überprüfung seines Leistungsantrags nur durch einen von ihm gewählten Gutachter zulässt. Hinzu kommt, dass im Fall einer Leistungsversagung wegen fehlender Mitwirkung grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage gegeben ist (BSG, Urteil v. 17.2.2004, B 1 KR 4/02 R, SozR 4-1200 § 66 Nr. 1 = SGb 2004 S. 649 = NZS 2005 S. 53). Dies bedeutet, dass in einem anschließenden Gerichtsverfahren nicht die Leistungsgewährung überprüft wird, sondern nur die Rechtmäßigkeit der Leistungsverweigerung, was für den Versicherten zu erheblichen Verzögerungen bei der Durchsetzung seines Anspruchs führen kann.