0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) am 1.1.1997 in Kraft getreten. Sie übernimmt teilweise die Regelungen der §§ 600 bis 602 RVO. Die Neuregelungen gelten für die ab 1.1.1997 eingetretenen Versicherungsfälle sowie dann, wenn die Beihilfe ab 1.1.l997 erstmals festzusetzen ist (§ 214 Abs. 3). § 217 Abs. 2 Satz 1 ist als Übergangsregelung zu beachten, wenn der Tod des Versicherten vor dem 1.1.1986 eingetreten ist.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Beihilfe wird als einmalige Leistung gewährt (Abs. 1) bzw. kann als laufende Leistung gewährt werden (Abs. 4), obwohl der Versicherte nicht infolge des Versicherungsfalles verstorben ist. Sie dient als Ausgleich dafür, dass er wegen der erheblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) infolge des Versicherungsfalles und des dadurch geminderten Verdienstes keine hinreichende Vorsorge für die Hinterbliebenen treffen konnte. Dies soll die Beihilfe bei den Anspruchsberechtigten jedenfalls in gewissem Maße ausgleichen und so Härtefälle vermeiden. Anspruchsberechtigte können Witwen-, Witwer und Lebenspartner (Abs. 1) sowie Vollwaisen (Abs. 3) sein. Die Berechnung der Beihilfe beim Zusammentreffen mehrerer Renten oder Abfindungen regelt Abs. 2.
2 Rechtspraxis
2.1 Einmalige Beihilfe für Witwen, Witwer und Lebenspartner
Rz. 3
Gemäß Abs. 1 sind Witwen oder Witwer von Versicherten anspruchsberechtigt. Da § 63 Abs. 1a auf alle Hinterbliebenenrenten Anwendung findet, gehören dazu auch Lebenspartner (zu dem Begriff vgl. § 63). Witwe bzw. Witwer ist derjenige, der mit dem Verstorbenen bis zu dessen Tod in gültiger Ehe gelebt hat.
2.1.1 Kein Anspruch auf Hinterbliebenenrente
Rz. 4
Nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 darf ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente (nur) deshalb nicht bestehen, weil der Tod nicht Folge eines Versicherungsfalles war und die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente erfüllt wären (SG Gelsenkirchen, Urteil v. 4.4.2001, S 6 KN 130/00 U). Mithin darf die ursächliche Verknüpfung zwischen dem Versicherungsfall (bzw. einem von mehreren Versicherungsfällen) und dem Tod des Versicherten nicht gegeben sein (vgl. dazu § 63). Was stattdessen die Todesursache war, ist unerheblich. Stellt sich heraus, dass der Ursachenzusammenhang doch bestand, so ist eine bereits bewilligte Beihilfe zu entziehen, stattdessen Hinterbliebenenrente zu bewilligen und die bereits ausgezahlte Beihilfe darauf anzurechnen.
2.1.2 Rente nach einer MdE von 50 % oder mehr
Rz. 5
Der Versicherte muss gemäß Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zur Zeit des Todes Anspruch auf Rente nach einer MdE von 50 % oder mehr gehabt haben. Nur dann greift der Normzweck (vgl. oben). Bezog der Versicherte Renten aufgrund mehrerer Versicherungsfälle, so muss die Summe der MdE mindestens die Zahl 50 erreichen. Problematisch ist, ob der Beihilfenanspruch auch dann bestehen kann, wenn die Rente des Versicherten seinerzeit mit einer MdE von weniger als 50 % festgestellt wurde, richtigerweise aber die MdE hätte mit 50 % oder mehr hätte festgesetzt werden müssen. Ein Teil der Kommentarliteratur verneint dies (Bereiter-Hahn/Mehrtens, § 71 Anm. 4; Ricke, in: Kasseler Kommentar, § 71 Rz. 4). Doch das als Beleg zitierte BSG-Urteil v. 30. 4.1991, 2 RU 56/90, HV-INFO 1991 S. 1526, ist zu der Vorläufervorschrift von Abs. 4 ergangen und nimmt zur Begründung darauf Bezug, dass dort auf den Rentenbezug abgestellt wird. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 stellt indes nicht auf den Rentenbezug in bestimmter Höhe, sondern auf den Anspruch auf Rente Bezug. Keller, in: Hauck/Noftz, § 71 Rz. 12, weist auf den seinerzeitigen Anspruch des Versicherten auf höhere Rente hin, falls die Rente fälschlich mit einer zu niedrigen MdE festgestellt wurde.
Rz. 6
Abgefundene Renten (vgl. dazu §§ 75 bis 80) werden mitgezählt. Dabei wird von dem Vomhundertsatz der abgefundenen Rente ausgegangen. Das BSG (Urteil v. 22.6.1976, 8 RU 6/76, BSGE 42 S. 107, SozR 2200 § 600 Nr. 1) stellt auch dabei auf den Rentenbezug und die durch Bescheid festgestellte Rente ab.
2.1.3 Höhe der einmaligen Beihilfe
Rz. 7
Die einmalige Beihilfe wird in Höhe von 40 % des zuletzt vor dem Tode des Versicherten zugrunde gelegten Jahresarbeitsverdienstes (JAV, vgl. §§ 81 bis 93 zu dessen Berechnung) gewährt. Da auch der Anspruch auf die Beihilfe ein eigenständiger Anspruch ist, muss grundsätzlich auch der JAV neu festgesetzt werden. Aus Praktikabilitätserwägungen wird grundsätzlich der für die Rentengewährung an den Versicherten maßgebliche JAV zugrunde gelegt werden, soweit nicht Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Rz. 8
Die Regelung zum Leistungsausschluss bei Bestehen einer sog. Versorgungsehe in § 65 Abs. 6 gilt gemäß Abs. 1 Satz 2 entsprechend (vgl. die Komm. dort).
2.1.4 Zusammentreffen mehrer Renten oder Abfindungen
Rz. 9
Hat der verstorbene Versicherte aufgrund mehrerer Versicherungsfälle Renten bezogen, so wird die Beihilfe nach dem höchsten JAV berechnet, der einer der Renten zugrunde lag. Für den JAV ist der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 SGB IV) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den 12 Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, zugrunde zu legen (§ 82 Abs. 1 Satz 1, vgl. die Komm. dort). Haben sich die Versicherungsfälle in größ...