3.1 Zielsetzung, Rechtsgrundlagen
Zielsetzung
Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat zu besonderem Schutz von Ehe und Familie. Dieser Aufgabe kommt der Staat unter anderem durch die Zahlung von Kindergeld nach.
Familienstand und Kinderzahl haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Höhe des Erwerbseinkommens. Erwerbstätige mit Kindern sind deshalb finanziell in doppelter Hinsicht benachteiligt: Kinder führen zu erheblichen Mehraufwendungen der Familie. Darüber hinaus verzichtet häufig ein Elternteil – zumindest vorübergehend – zugunsten der Kindererziehung auf eine Berufstätigkeit, sodass das 2. Erwerbseinkommen der Familie entfällt.
§ 6 Sozialgesetzbuch I (SGB I) sieht deshalb vor:
Wer Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen.
Mit der Zahlung von Kindergeld und der Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen will der Staat die finanziellen Nachteile von Eltern gegenüber kinderlosen Bürgern zumindest teilweise auffangen (sog. Familienleistungsausgleich).
Nach der ausdrücklichen Regelung in § 31 EStG dient das Kindergeld – soweit es nicht zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums eines Kindes erforderlich ist – der Förderung der Familie. Auch das Elterngeld, das für seit dem 1.1.2007 geborene Kinder zusteht, dient der genannten Zielsetzung.
Rechtsgrundlagen
Seit 1.1.1996 besteht im Kindergeldrecht eine Zweiteilung:
Das BKGG in der Fassung des Art. 2 des Jahressteuergesetzes 1996 gilt nur noch für Antragsteller, die
- als "nicht unbeschränkt Steuerpflichtige" eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausüben oder
- als Entwicklungshelfer Leistungen nach dem Entwicklungshelfer-Gesetz erhalten oder
- als Beamte bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands tätig sind sowie
- für Vollwaisen, die Kindergeld für sich selbst beanspruchen.
Das Gesetz richtet sich ausschließlich an die bei den jeweiligen Agenturen für Arbeit eingerichteten Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit (§ 7 BKGG).
- Der Familienleistungsausgleich mit dem Anspruch auf Kinderfreibeträge bzw. Kindergeldzahlung an die sonstigen Berechtigten sind im Abschnitt X des Einkommensteuergesetzes (§§ 62ff. EStG) geregelt.
Für Kinder mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs des EStG wird – bei Vorliegen der Voraussetzungen – Kindergeld auf der Grundlage von EU-Vorschriften und zwischenstaatlichen Abkommen gezahlt. Die materielle Prüfung des Kindergeldanspruchs nach den genannten Vorschriften sowie die Auszahlung obliegen der Familienkasse der Agentur für Arbeit.
Das Verwaltungsverfahren richtet sich nach den Vorschriften der Abgabenordnung (AO).
3.2 Kindergeld und Kinderfreibeträge
Gemäß § 31 EStG wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes entweder
- durch die Freibeträge für Kinder nach § 32 oder
- durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG
bewirkt.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen
ein jährlicher Freibetrag für das "sächliche Existenzminimum des Kindes" (Kinderfreibetrag) in Höhe von
2024: 3.192 EUR, im Falle der Zusammenveranlagung 6.384 EUR;
2023: 3.012 EUR, im Falle der Zusammenveranlagung 6.024 EUR;
sowie
ein jährlicher Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes von
2024: 1.464 EUR, bei Zusammenveranlagung von Ehegatten 2.928 EUR (seit dem Jahr 2021 unverändert);
vom Einkommen abgezogen (§ 32 Abs. 6 EStG).
Die Freibeträge für Kinder werden jedoch nur alternativ zum Kindergeld gewährt.
Das Kindergeld:
Bei Vorliegen der Voraussetzungen erhält jeder Antragsteller – ohne Rücksicht darauf, ob nach seinen persönlichen Verhältnissen das Kindergeld oder der Kinderfreibetrag steuerlich günstiger ist – zunächst das monatlich auszuzahlende Kindergeld.
Wird die steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, hat das Finanzamt bei der Einkommensteuer-Veranlagung die Freibeträge für Kinder zu berücksichtigen (§ 31 Satz 4 EStG). In diesen Fällen wird das im betreffenden Jahr bereits gewährte Kindergeld mit der Steuerschuld verrechnet (§ 31 Satz 5 EStG). Bei Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer rechnet das Finanzamt das ausgezahlte Kindergeld der tariflichen Einkommensteuer hinzu (§ 2 Abs. 6 Satz 2 EStG). Der Betroffene muss also im Rahmen der Steuerveranlagung das gezahlte Kindergeld zurückzahlen bzw. einen entsprechenden Abzug bei einer evtl. Steuerrückerstattung hinnehmen.
Der Arbeitgeber hat mit der Rückforderung/Verrechnung des Kindergelds bei Berücksichtigung des Kinderfreibetrags nichts zu tun. Dies ist ausschließlich Aufgabe des Finanzamts.
3.3 Die Anspruchsvoraussetzungen für das Kindergeld
Grundsätzlich müssen nur die Einrichtungen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform (Körperschaften, Anstalten,...