1 Einleitung, Bedeutung des Kindergelds im öffentlichen Dienst und für privatrechtlich organisierte TVöD-Anwender
Rechtsgrundlage für die Zahlung von Kindergeld ist seit 1.1.1996 das Einkommensteuergesetz (EStG), dort Abschnitt X.
Einrichtungen, die in öffentlich-rechtlicher Rechtsform geführt werden, müssen grundsätzlich an die bei ihnen Beschäftigten bei Vorliegen der Voraussetzungen Kindergeld auszahlen (zur Möglichkeit des Verzichts der öffentlich-rechtlichen Einrichtung auf die Kindergeldauszahlung siehe nachfolgend Ziffer 2 – Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds durch öffentlich-rechtliche Einrichtungen, Verzicht auf die Zuständigkeit). Die bei privatrechtlich organisierten Arbeitgebern Beschäftigten erhalten das Kindergeld dagegen von der sog. Familienkasse bei der Agentur für Arbeit.
In privater Rechtsform geführte Arbeitgeber (z. B. GmbH, Aktiengesellschaft, eingetragene Vereine, Stiftungen des privaten Rechts) zahlen kein Kindergeld an ihre Beschäftigten aus. Dennoch müssen auch die sogenannten TVöD-Anwender Grundkenntnisse des Kindergeldrechts (insbesondere zum Begriff des "Kindes" sowie den Konkurrenzregelungen bei mehreren Kindergeldberechtigten) haben, um die kinderbezogene Besitzstandszulage nach § 11 TVÜ-VKA/TVÜ-Bund korrekt festsetzen zu können.
Im Gegensatz zur freien Wirtschaft, in der Familienstand und Kinderzahl grundsätzlich keinen Einfluss auf die Höhe des Erwerbseinkommens haben, stehen den aus dem bis 30.9.2005 gültigen Tarifrecht (BAT/BAT-O bzw. den entsprechenden Arbeitertarifverträgen) auf den TVöD übergeleiteten Beschäftigten kinderbezogene Entgeltbestandteile zu. Die Zahlung der kinderbezogenen Besitzstandszulage richtet sich nach der Berücksichtigung des Kindes bei der Vergütung nach BAT/BAT-O bzw. den entsprechenden Arbeitertarifverträgen – und damit letztlich nach dem Anspruch auf Kindergeld.
Hinsichtlich der Einzelheiten zur kinderbezogenen Besitzstandszulage wird auf die Ausführungen im Beitrag Kinderbezogene Entgeltbestandteile verwiesen.
Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über die Voraussetzungen der Kindergeldzahlung.
2 Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds durch öffentlich-rechtliche Einrichtungen, Verzicht auf die Zuständigkeit
2.1 Öffentlicher Dienst als Familienkasse
Der Anspruch auf Kindergeld wird grundsätzlich von der Bundesagentur für Arbeit, dort den "Familienkassen" bei den Agenturen für Arbeit geprüft. Die Agentur für Arbeit setzt die Höhe des Kindergelds fest und zahlt dieses aus.
Für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird das Kindergeld dagegen grundsätzlich vom Dienstherrn bzw. öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber festgesetzt und ausgezahlt (§ 72 Abs. 1 EStG).
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind insoweit Familienkassen. Ihnen obliegt nicht nur die Auszahlung, sondern auch die Prüfung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen.
Zur Möglichkeit des Verzichts auf die Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds siehe nachfolgend Ziffer 2.2.
Die grundsätzliche Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers für die Auszahlung des Kindergelds ist zurückzuführen auf § 44 des Haushaltsstrukturgesetzes 1975:
Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes wurden erst mit Wirkung vom 1.1.1975 in den Geltungsbereich des BKGG, das bis zum 31.12.1995 das Kindergeldrecht für alle Anspruchsberechtigten regelte, aufgenommen. Zunächst sollte der Arbeitgeber nur für eine Übergangsphase von 2 Jahren die Kindergeldzahlungen übernehmen. Mit § 44 Haushaltsstrukturgesetz wurde die Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers für die Auszahlung des Kindergelds dauerhaft festgeschrieben.
"Angehörige des öffentlichen Dienstes"
Steht Personen, die
- in einem öffentlich-rechtlichen Dienst-, Amts- oder Ausbildungsverhältnis stehen, mit Ausnahme der Ehrenbeamten,
- Versorgungsbezüge nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten oder
- Arbeitnehmer einer Körperschaft, einer Anstalt oder einer Stiftung des öffentlichen Rechts sind, einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten,
Kindergeld nach Maßgabe des EStG zu, wird es von den Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts als Familienkassen festgesetzt und ausgezahlt (§ 72 Abs. 1 S. 1 EStG). Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt den Familienkassen ein Merkmal zu ihrer Identifizierung (Familienkassenschlüssel).
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind z. B.
- der Bund,
- die Länder,
- Gemeinden, Gemeindeverbände, Zweckverbände oder
- Sparkassen, Universitätskliniken, Landesärztekammern.
Auch der Deutsche Post AG, der Deutsche Postbank AG und der Deutsche Telekom AG obliegt die Kindergeldfestsetzung und -zahlung hinsichtlich der dort beschäftigten Beamten und Versorgungsempfänger (§ 72 Abs. 2 EStG).
Ausgenommen von der besonderen Zuständigkeitsregelung sind nach § 72 Abs. 3 EStG
- die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften und
die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege,
die unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Mitgliedsverbände und die einem solchen Verband angeschlossenen Einrichtungen oder Anstalten.
Die Prüfung der Ansprüche und Auszahlung des Kindergelds an die Beschäftigten kirchlicher Einrichtungen, wie z. B....