Absatz 2 regelt im Gegensatz zu Absatz 1 die freiwillige Geltung des TV-V. Diese besteht darin, dass Betriebe, die nicht unter den unmittelbaren Geltungsbereich nach Absatz 1 fallen, gleichwohl den TV-V anwenden können, wenn sie dies wollen (Einbeziehung in den Geltungsbereich – erster Fall), und umgekehrt Betriebe, die unter den unmittelbaren Geltungsbereich nach Absatz 1 fallen, davon ausgenommen werden können (Herausnahme aus dem Geltungsbereich – zweiter Fall).
In beiden Fällen ist ein entsprechender landesbezirklicher Tarifvertrag notwendig. Zu dem ersten Fall haben die Tarifvertragsparteien in einer Niederschriftserklärung festgehalten, dass auf Antrag eines Betriebes vom kommunalen Arbeitgeberverband Tarifverhandlungen über eine Einbeziehung in den TV-V aufzunehmen sind. Diese Niederschriftserklärung, die auf Wunsch der Gewerkschaften vereinbart worden ist, um deren Befürchtung zu begegnen, kommunale Arbeitgeberverbände könnten in Einzelfällen die Einführung des TV-V verhindern, indem sie die Aufnahme von Tarifverhandlungen ablehnen, ist sowohl aufgrund der praktischen Erfahrungen als auch mit dem Inkrafttreten des TVöD und der damit einhergehenden Spartenorientierung überholt.
Im Rahmen des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst am 31. März 2008 haben sich die Tarifvertragsparteien u. a. auch auf besondere Regelungen für Versorgungsbetriebe verständigt. Danach ist ein Punkt aus der Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission vom 27. März 2008 bestätigt worden, wonach die Tarifvertragsparteien des TV-V bis zum 31. Dezember 2008 eine Neufassung von § 1 TV-V, also des Geltungsbereichs dieses Tarifvertrags, vornehmen werden. Bei den Verhandlungen hierüber sollte – so das Einigungspapier vom 31. März 2008 – auch die Einbeziehung der Müllheizkraftwerke geprüft werden (vgl. dazu weiter unten).
Mit dem 4. Änderungstarifvertrag vom 31. März 2008 zum TV-V hat § 1 Abs. 2 eine neue Fassung erhalten, die ab 1. Januar 2009 gilt. Danach können "ungeachtet der Voraussetzungen des Absatzes 1" Betriebe durch landesbezirklichen Tarifvertrag ganz oder teilweise in den Geltungsbereich des TV-V einbezogen oder davon ausgenommen werden. Damit hat der freiwillige oder "gewillkürte" Geltungsbereich eine erhebliche Erweiterung erfahren. Gleichwohl bedeutet dies nicht automatisch, dass jede Verwaltung oder jeder Betrieb, die oder der in den Geltungsbereich des TV-V einbezogen werden möchte, hierauf einen Anspruch hat. Es bedarf vielmehr eines landesbezirklichen Tarifvertrages, der beiden Tarifvertragsparteien die Möglichkeit eröffnet, z. B. auch unter tarifpolitischen Gesichtspunkten zu entscheiden, ob dem Antrag eines KAV-Mitglieds auf Einbeziehung in den Geltungsbereich des TV-V stattgegeben werden kann.
Die Forderung der Gewerkschaften nach einer Einbeziehung der Müllheizkraftwerke in den Geltungsbereich des TV-V war auch Gegenstand der Tarifrunde 2010. Nach dem Einigungspapier vom 27. Februar 2010 wollten die Tarifvertragsparteien unmittelbar nach dem Abschluss dieser Tarifrunde Gespräche aufnehmen mit dem Ziel, eine Vereinbarung über die Einbeziehung der Müllheizkraftwerke in den Geltungsbereich des TV-V zu treffen. Zur Vorbereitung dieser Gespräche sollten zunächst die Anzahl und die Rechtsform der in Betracht kommenden Betriebe sowie die (etwaige) Tarifbindung der dortigen Beschäftigten ermittelt werden.
Die daraufhin von den Mitgliederverbänden der VKA durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass rund ein Drittel der Unternehmen, die Müllheizkraftwerke betreiben, den TV-V gemäß § 1 Abs. 2 (also freiwillig) anwenden. Die weiteren Gespräche zwischen den Tarifvertragsparteien haben nicht zu einer einvernehmlichen Lösung geführt. Die VKA befürwortet weiterhin den Weg der gewillkürten Anwendung. Dies ist den Gewerkschaften nicht ausreichend.
Die Einbeziehung der Müllheizkraftwerke ist zwar im Rahmen der Tarifrunde 2012 von den Gewerkschaften erneut thematisiert worden. Dazu ist jedoch in der Tarifeinigung vom 31. März 2012 für den Geltungsbereich des TV-V nichts vereinbart worden.
1.3.1 Einbeziehung in den Geltungsbereich
Obwohl diese Regelung nach ihrem ursprünglichen Wortlaut ganz allgemein für "Betriebe" galt, war nach der Zielsetzung des TV-V bislang davon auszugehen, dass damit vor allem Versorgungsbetriebe gemeint sind, die die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht erfüllen. Schließlich handelt es sich um einen Spartentarifvertrag für kommunale Versorgungsbetriebe, und auch die Eingruppierungsmerkmale (= Anlage 1 zum TV-V) sind auf Versorgungsbetriebe zugeschnitten. Als Fallgestaltungen kamen deshalb insbesondere in Betracht:
- rechtlich unselbstständige Versorgungsbetriebe,
- Versorgungsbetriebe mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern,
- Versorgungsbetriebe, die aufgrund ihrer Rechtsform (z. B. Zweckverband) dem Geltungsbereich eines Landespersonalvertretungsgesetzes unterliegen,
- Versorgungsbetriebe, die weniger als 90 v. H. ihres Gesamtpersonalbestandes im Energie- und/oder Wasserversorgungsbereich einsetzen.
Beispiel 7
Die Stadtwerke A GmbH hat die ...