Hier sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden.
Denkbar sind eine erneute Erkrankung nach vorangegangener Arbeitsunfähigkeit,
eine zusätzliche Erkrankung während bereits bestehender Arbeitsunfähigkeit oder eine
Fortsetzungserkrankung
4.2.1 Erneute Erkrankung nach vorangegangener Arbeitsunfähigkeit
Jede auf einer neuen Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit begründet grundsätzlich einen neuen Anspruch auf Krankenvergütung. Allerdings muss zwischen der ersten und der zweiten Krankheit eine - wenn auch nur kurze - Zeit der vollen Arbeitsfähigkeit liegen, in der jedoch der Mitarbeiter nicht gearbeitet haben muss. Ein Zeitraum von wenigen Stunden genügt. Hat sonach der Arzt in der AU-Bescheinigung das Ende der Arbeitsunfähigkeit auf einen bestimmten Kalendertag festgelegt, so bescheinigt er damit in der Regel Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende der üblichen Arbeitszeit des Mitarbeiters an diesem Kalendertag. Bei einer auf den nächsten Kalendertag datierten neuen AU-Bescheinigung ist davon auszugehen, dass zwischen den von den beiden Bescheinigungen erfassten Zeiträumen eine Zeit der Wiederherstellung der Gesundheit gelegen hat.
Ist das Ende einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf den Freitag datiert und meldet sich der Arbeitnehmer am folgenden Montag erneut krank unter Vorlage einer neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die nicht als Folgebescheinigung gekennzeichnet ist, so ist zunächst davon auszugehen, dass es sich um eine neue Erkrankung handelt. Es empfiehlt sich hier jedoch dringend, beim Arbeitnehmer und gegebenenfalls bei der Krankenkasse anzufragen, ob es sich um eine Fortsetzung der alten Erkrankung handelt.
Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit kann auch ferner an solchen Tagen bestehen und für solche Tage bescheinigt werden, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird. Es ist allein Aufgabe des behandelnden Arztes, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Arbeitsunfähigkeit endet. Soll die Arbeitsunfähigkeit nach der Bescheinigung an einem Sonntag enden, kann damit - im Zusammenhang mit weiteren Erklärungen des Arztes - gemeint sein, dass der Arbeitnehmer seine Krankheit bis zum Ende dieses Tages ausheilen soll.
Ein Arbeitnehmer wird bis einschließlich Sonntag arbeitsunfähig geschrieben. Am Sonntag erleidet er beim Fußballspiel eine Verletzung, die zu einer erneuten Arbeitsunfähigkeit führt. Hier besteht kein neuer Anspruch auf Krankenbezüge, da die neue Krankheit zu der bereits bestehenden hinzutritt und sonach eine Einheit des Verhinderungsfalles gegeben ist. Anspruch auf Krankenbezüge besteht daher nur insoweit, als er durch die erste Erkrankung nicht aufgebraucht ist.
4.2.2 Zusätzliche Erkrankungen während bereits bestehender Arbeitsunfähigkeit
Tritt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere neue Krankheit hinzu oder wird eine Krankheit ohne zwischenzeitliche Arbeitsfähigkeit durch eine andere abgelöst, so liegt eine Erkrankung vor. Es verbleibt beim ursprünglichen Anspruch auf Krankenvergütung.
Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zwischen einer zwischenzeitlichen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und einem sogenannten missglückten Arbeitsversuch. Dies ist gegeben, wenn ein Mitarbeiter nach einer Arbeitsunfähigkeit die Arbeit unter Bedingungen wieder aufnimmt, aus denen sich ergibt, dass er noch gar nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung wieder zu erbringen. Hier muss die erste Erkrankung als fortbestehend angesehen werden. Um einen solchen missglückten Arbeitsversuch handelt es sich z.B., wenn ein Zimmermannhelfer nur unter Schmerzen seine Arbeit verrichten kann und seinen verletzten Finger ständig abspreizen muss, um jede Berührung mit den Arbeitsmaterialien zu vermeiden und wenn daraufhin die ärztliche Behandlung fortgesetzt werden muss. Die hier fortlaufend bestehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit löst nur einmal einen Anspruch auf Bezug der Krankenvergütung aus.
4.2.3 Fortsetzungserkrankung
Eine Fortsetzungserkrankung liegt vor, wenn die erneute Erkrankung auf demselben medizinisch nicht ausgeheilten Grundleiden beruht. Hier stellt die erneute Erkrankung lediglich eine Fortsetzung der früheren dar.
Beispiele einer Fortsetzungserkrankung sind etwa:
- nicht ausgeheilte Grippe
- nicht ausgeheilte Lungenentzündung
- rheumatische Beschwerden
- Leber- und Magenleiden
- in Schüben auftretende Psychosen
- Epilepsie
- immer wieder ausbrechende Hautekzeme.
Von der Fortsetzungserkrankung ist die Wiederholungserkrankung zu unterscheiden. Gemeint sind damit medizinisch völlig neue Erkrankungen, auch wenn sie dasselbe Organ betreffen, z.B. zwei grippale Infekte. Der zweite grippale Infekt wäre zwar die "gleiche" Krankheit, nicht jedoch "dieselbe" Krankheit. "Dieselbe" Krankheit (vgl. § 37 Abs. 2 Unterabs. 1 BAT) - und damit eine Fortsetzungserkrankung - würde in diesem Beispielsfall dann vorliegen, wenn die vorausgegangene Grippeerkrankung medizinisch nicht ...