Andreas Sprenger, Jutta Schwerdle
3.1 Anspruch auf Krankengeld
3.1.1 Wegfall der Entgeltfortzahlung
Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber wird nur geleistet bis zur Dauer von 6 Wochen. Danach hat der Beschäftigte gegen die Krankenkasse Anspruch auf Krankengeld.
3.1.2 Rechtzeitige Meldung Entgeltersatzleistung absetzen
Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes bzw. anderer Entgeltersatzleistungen (Kinderkrankengeld, Verletztengeld) ist das Nettoarbeitsentgelt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Dieser "Verdienstnachweis" muss seit 1.7.2011 zwingend durch ein maschinelles Verfahren direkt aus dem Lohnprogramm erfolgen (§ 23c Abs. 2 SGB IV).
Die Meldung muss 5 Arbeitstage vor dem 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit abgesetzt werden. Ihr Lohnprogramm übermittelt alle notwendigen Daten als festgelegten Datensatz durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung. Diese Möglichkeit der Meldung "Entgeltersatzleistung" ist eine der Voraussetzungen dafür, dass Ihr Programm als systemgeprüftes Programm von der SV zertifiziert wird.
Praxis-Beispiele
Meldung 5 Arbeitstage vor Ende der 6-Wochen-Frist
Der Beschäftigte ist ab Donnerstag, 1.2.2024 arbeitsunfähig erkrankt. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet nach Ablauf des 42. Tages, das ist der 13.3.2024 (Mittwoch).
Die Meldung für die Berechnung des Krankengeldes ist 5 Arbeitstage vor dem 42. Tag zu erstatten. Das ist der Mittwoch, der 6.3.2024. Zu diesem Tag ist die Meldung abzusetzen. Einzelheiten zum Datenaustausch sind geregelt in den "Gemeinsamen Grundsätzen für die Erstattung der Mitteilungen im Rahmen des Datenaustausches Entgeltersatzleistungen (§ 107 SGB IV)".
Bei Berufsunfällen wird das Krankengeld unter Umständen von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, den Berufsgenossenschaften (BG), gewährt. In diesen Fällen erfolgt der maschinelle Verdienstnachweis nicht an die Krankenkasse, sondern an die zuständige BG. Ob die BG zuständig sind, erfährt der Arbeitgeber über eine Mitteilung des zuständigen Unfallversicherungsträgers, die spätestens bis zum 6. Arbeitstag vor dem Ende der 6-Wochen-Frist beim Arbeitgeber eingehen muss.
Maschinelles Verfahren mit Hindernissen
Obwohl das maschinelle Meldeverfahren "Entgeltersatzleistungen" seit 1.7.2011 zwingend anzuwenden ist, kommt es in der Praxis weiter zu Verzögerungen. Zum einen können noch nicht alle Krankenkassen das technische Verfahren einsetzen, zum anderen gehen viele Meldungen auf dem Datenweg verloren. Ggf klären Sie sich mit der zuständigen Krankenkasse, ob eine Papiermeldung akzeptiert wird. Zudem ergeben sich bei der Bearbeitung der Krankengeldansprüche Verzögerungen, wenn der Beschäftigte seine Krankenkasse nicht über seine Erkrankung informiert hat (Weiterleitung der Erkrankensbescheinigung). Daher empfiehlt es sich, die Meldungen rechtzeitig abzusetzen, insbesondere, wenn sich eine längere Erkrankung über den Ablauf der 6-Wochen-Frist abzeichnet.
Mit der Meldung kann der Krankenkasse mitgeteilt werden, dass eine Rückmeldung des Netto-Krankengeldes gewünscht wird. Diese Rückmeldung ist dann vorteilhaft, wenn während des Bezugs von Krankengeld bzw. anderer Entgeltersatzleistungen noch Lohnbestandteile weiter gewährt werden. Denkbar ist z. B. die Zahlung des Krankengeldzuschusses oder die weitere Überlassung des Dienstwagens für die private Nutzung. Diese weiter gewährten Lohnbestandteile können dazu führen, dass auch während des Bezugs von Krankengeld Sozialversicherungspflicht bezüglich der arbeitgeberseitigen Leistungen besteht (siehe ausführlich Auswirkungen des Krankengeldzuschusses auf die Entgeltabrechnung). Die hierzu notwendige Vergleichsberechnung kann im Entgeltabrechnungsprogramm automatisch erfolgen, wenn das Nettokrankengeld von der Krankenkasse übermittelt wird.
3.2 Krankengeldzuschuss prüfen und auszahlen
Anspruchsvoraussetzungen
Das Krankengeld ist in der Regel betragsmäßig geringer als das tarifliche Entgelt. Zum Ausgleich der Einbußen sieht der Tarifvertrag die Zahlung eines Krankengeldzuschusses vor (§ 22 Abs. 2 TVöD/TV-L/TV-H).
Voraussetzung ist eine Beschäftigungszeit (näher hierzu Beschäftigungszeit) von mehr als einem Jahr.
Vollendet der Beschäftigte während der Arbeitsunfähigkeit eine Beschäftigungszeit von mehr als einem Jahr, so entsteht – ggf. rückwirkend – Anspruch auf Krankengeldzuschuss .
Der Fall: Vollendung der Beschäftigungszeit für den Krankengeldzuschuss
Der am 1.9.2023 eingestellte Arbeitnehmer erkrankt am 1.7.2024. Die Krankheit dauert 13 Wochen, d. h. bis zum 29.9.2024. Auf die Beschäftigungszeit anzurechnende Zeiten in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber sind nicht vorhanden.
Die Lösung:
Bei Beginn der Krankheit am 1.7.2024 verfügt der Arbeitnehmer über eine Beschäftigungszeit von 10 Monaten. Bei Ablauf der 6-wöchigen Entgeltfortzahlung (11.8.2024) liegt eine Beschäftigungszeit von 11 Monaten und 11 Tagen vor. Mangels Erfüllung der notwendigen Beschäftigungszeit besteht zunächst kein Anspruch auf den Krankengeldzuschuss.
Der Arbeitnehmer erreicht jedoch während der Krankheit (mit Ablauf des 1.9.2024, der 9. Krankheitswoche) eine Beschäftigungszeit von mehr als 1 Jahr. Nunmehr entsteht rückwirkend – zum 12.8.2024 – Krankengel...