Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Die Anhörung des Arbeitnehmers ist regelmäßig keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung. Anders ist es jedoch bei dem Ausspruch einer Verdachtskündigung. Hier verlangt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor dem Ausspruch der Verdachtskündigung mit dem Verdacht und den belastenden Momenten konkret konfrontiert und ihm Gelegenheit gibt, sich dazu zu äußern und insbesondere entlastende Gesichtspunkte vorzutragen. Unterbleibt diese Anhörung, ist die Verdachtskündigung bereits aus diesem Grunde unwirksam.
Dabei reicht es nicht aus, dem Arbeitnehmer nur pauschal mitzuteilen, es bestünde der Verdacht eines bestimmten Vertragsverstoßes, sondern der Arbeitnehmer ist möglichst konkret mit dem Verdacht und den Umständen, aus denen sich dieser Verdacht ergibt, zu konfrontieren. Dabei reicht es aus, den Arbeitnehmer schriftlich anzuhören. Es ist zulässig, ihm eine angemessene Frist zur Äußerung zu setzen. Eine Woche ist i. d. R. ausreichend. Äußert sich der Arbeitnehmer im Gespräch oder auch im Rahmen einer schriftlichen Anhörung nicht, so hat der Arbeitgeber seiner Pflicht genügt. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, an der Aufklärung mitzuwirken. Erklärt der Arbeitnehmer von vorneherein, er werde sich nicht äußern, braucht ihn der Arbeitgeber nicht über weitere Details zu informieren. Bringt hingegen der Arbeitnehmer entlastende Aspekte vor, die gegen das Bestehen eines dringenden Verdachts sprechen, so hat der Arbeitgeber dem nachzugehen, um zu versuchen, die Verdachtsmomente gegen den Arbeitnehmer zu entkräften.
Wenn der Arbeitgeber bereits eine Kündigung ausgesprochen hat und nach Ausspruch der Kündigung neue Umstände bekannt werden, die zwar schon vor Ausspruch der Kündigung vorgelegen haben, dem Arbeitgeber jedoch noch nicht bekannt waren, so kann er diese neuen Umstände ohne weitere Anhörung des Arbeitnehmers in den Kündigungsschutzprozess einbringen. Das BAG lässt es ausreichen, dass der Arbeitnehmer im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses zu diesen neuen Verdachtsmomenten Stellung nehmen kann. Es ist aber nochmals zu betonen, dass das nur für solche Verdachtsmomente gilt, die erst nachträglich bekannt geworden sind. Von der Anhörung des Arbeitnehmers ist bei einem solchen Nachschieben von Verdachtsmomenten die Anhörung der Arbeitnehmervertretung zu unterscheiden. Handelt es sich um neue eigenständige Verdachtsmomente, so ist vor dem Eindringen in den Kündigungsschutzprozess die Arbeitnehmervertretung hierüber ergänzend zu informieren und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.