Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Da der Arbeitnehmer nunmehr unverzüglich nach Kenntnis der bevorstehenden Arbeitslosigkeit die Agentur für Arbeit aufsuchen muss, stellt sich die Frage, ob er dies während der Arbeitszeit erledigen kann und ob der Arbeitgeber diese Zeit zu vergüten hat.
Ein Anspruch auf angemessene Freistellung zur Stellensuche ergibt sich aus § 629 BGB. § 629 BGB findet auch bei einem TVöD-Arbeitsverhältnis Anwendung.
Grds. ist es für den Anspruch nach § 629 BGB unerheblich, wer gekündigt hat oder ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung handelt.
Voraussetzung ist zunächst, dass ein "dauerndes Dienstverhältnis" besteht; daher ist die Vorschrift auf befristete Probearbeitsverhältnisse und Aushilfstätigkeiten nicht anwendbar, während sie ansonsten für alle, auch befristete Arbeitsverhältnisse, gilt. Auch soweit sich ein Mitarbeiter noch in der Probezeit eines unbefristeten Vertrags befindet, besteht ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung.
Voraussetzung ist weiterhin eine Kündigung, und bei befristeten Arbeitsverhältnissen entweder die Nichtfortsetzungsmitteilung nach § 15 Abs. 2 TzBfG oder bei kalendermäßigen Befristungen das Erreichen eines Zeitpunkts, der einer fiktiven Kündigungsfrist zum vereinbarten Ende entspricht.
Der Arbeitnehmer muss die Freistellung (rechtzeitig) unter Angabe von Zweck und Dauer verlangen; er braucht aber nicht den Namen des Arbeitgebers anzugeben, bei dem er sich vorstellt. Der Freistellungsanspruch gilt auch für das Aufsuchen der Agentur für Arbeit zur Arbeitslosmeldung, einer Jobvermittlung oder zur Durchführung von Eignungstests oder Untersuchungen.
Hierbei ist zu beachten, dass der Beschäftigte nicht eigenmächtig Arbeitsbefreiung nehmen kann. Andererseits darf ein Arbeitgeber seine Zustimmung nicht unberechtigt verweigern; anderenfalls kann sich ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Vertragsverletzung ergeben. Bei Eilbedürftigkeit ist ggf. eine Klärung im einstweiligen Verfügungsverfahren möglich.
Ist dem Arbeitnehmer die Terminwahrnehmung außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit möglich, so muss er davon auch Gebrauch machen.
§ 629 kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Der Vergütungsanspruch ergibt sich nicht aus § 629, sondern ggf. aus § 616 BGB. Danach verliert der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert war.
Hierunter fallen grundsätzlich auch Behördengänge und damit auch die Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt, sofern diese innerhalb der Arbeitszeit erfolgen müssen. Weiterhin darf die Verhinderung an der Arbeitsleistung vom Arbeitnehmer nicht verschuldet sein; das ist aber gerade dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung "verschuldet" hat, wie bei einer verhaltensbedingten Kündigung.
Die Verhinderung darf nur eine "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" betreffen. Wird diese Zeitdauer überzogen, entfällt der Anspruch ganz.
Welcher Zeitraum hierbei angemessen ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beurteilen.
Der Zeitrahmen hängt dabei nach der Rechtsprechung zum einen vom Anlass der Verhinderung und zum anderen von der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses ab. Grundsätzlich ist der Verhinderungsfall jedoch auf wenige Tage begrenzt, maximal wohl 5 Tage.
Beachten Sie: Im TVöD–Arbeitsverhältnis findet § 616 BGB keine Anwendung, da insoweit § 29 TVöD eine abschließende Regelung enthält. Im TVöD-Arbeitsverhältnis besteht daher kein Vergütungsanspruch.