Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Von der Kündigung wegen (erwiesener) Zusammenarbeit mit dem MfS/AfNS ist die Kündigung zu unterscheiden, die der Arbeitgeber infolge unwahrer Angaben des Arbeitnehmers zur Zusammenarbeit mit dem MfS/AfNS bei seiner Einstellung (bzw. nach dem Beitritt der DDR zur BRD) ausgesprochen hat. Ein fehlerhaft ausgefüllter Personalfragebogen kann im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eine Kündigung wegen Störung des Vertrauensverhältnisses rechtfertigen.
Grundsätzlich wird davon auszugehen sein, dass Arbeitnehmer, die im Beitrittsgebiet neu in den öffentlichen Dienst eingestellt werden, nach einer Tätigkeit für das MfS/AfNS befragt werden und zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet sind. Stellt sich im Nachhinein die abgegebene Erklärung des Arbeitnehmers als Lüge heraus, berechtigt dies den Arbeitgeber grundsätzlich zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Falschbeantwortung von Fragen nach einer MfS-Tätigkeit offenbart regelmäßig die mangelnde persönliche Eignung für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst. In einer Interessenabwägung ist jedoch zu prüfen, ob die einmalige Unehrlichkeit Auswirkungen auf die konkret auszuübende Tätigkeit oder ein schützenswertes Vertrauen des Arbeitgebers hat. Anderenfalls kann eine Abmahnung als ausreichende Sanktion angesehen werden.
Es hat sich als hilfreich erwiesen, in den geschilderten Fällen neben der ordentlichen bzw. außerordentlichen Kündigung das Arbeitsverhältnis zusätzlich wegen Täuschung (§§ 123 Abs. 1, 124 BGB) anzufechten. Die Erfolgsaussicht im Rechtsstreit ist bei der Anfechtung wegen Täuschung beim Vertragsabschluss größer, da hier kein Mitbestimmungsverfahren durchzuführen und keine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Es ist nur zu prüfen, ob der Arbeitsvertrag ohne die Täuschung, d. h., bei wahrheitsgemäßer Beantwortung der Frage, nicht abgeschlossen worden wäre.
Es war mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) der aus dem öffentlichen Dienst der DDR übernommenen Arbeitnehmer grundsätzlich vereinbar, ihnen die Beantwortung von Fragen über frühere Parteifunktionen in der SED und über Tätigkeiten für das Ministerium für Staatssicherheit abzuverlangen. Fragen nach Vorgängen, die vor dem Jahre 1970 abgeschlossen waren, verletzen jedoch das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten. Wurden sie unzutreffend beantwortet, dürfen daraus keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen werden.