Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Nach § 5 des PflegeZG darf der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG oder der Pflegezeit nach § 3 PflegeZG nicht kündigen. Nur in besonderen Fällen kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde ausnahmsweise für zulässig erklärt werden.
Der Gesetzgeber hat hier einen weiteren besonderen Kündigungsschutz geschaffen, der dem Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Elternzeit unvollkommen nachgebildet ist. Voraussetzung für diesen besonders starken besonderen Kündigungsschutz ist, dass der Arbeitnehmer entweder eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung oder die Inanspruchnahme der bis zu 6-monatigen Pflegezeit "angekündigt" hat. Er erfasst jede Kündigung ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses. Er ist nicht nur auf Arbeitnehmer beschränkt, sondern gilt nach der Definition des Beschäftigten in § 7 PflegeZG auch für arbeitnehmerähnliche Selbstständige. Will sich der Arbeitgeber gegen das ggf. rechtsmissbräuchliche Verschaffen des Sonderkündigungsschutzes in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses schützen, muss er dieses befristet abschließen.
Im Falle der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG beginnt der Kündigungsschutz ab der formlosen Erklärung des Fernbleibens von der Arbeit, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen (s. § 7 PflegeZG) in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Voraussetzung ist, dass eine akute Situation aufgetreten ist, womit gemeint ist, dass es sich um eine unvorhersehbare Zwangslage handelt, bei der der pflegende nahe Angehörige unverzüglich handeln muss. Eine solche Zwangslage kann sich, bezogen auf denselben nahen Angehörigen, auch wiederholt ereignen, beispielsweise durch den Ausfall der bisherigen Pflegeperson. Die Pflegebedürftigkeit im Sinne einer Pflegestufe nach dem SGB XI muss nicht bereits bestehen, sondern voraussichtlich vorliegen. Der Kündigungsschutz endet, wenn die Zwangslage behoben ist, spätestens nach 10 Arbeitstagen, die im Sinne einer 5-Tage-Woche zu verstehen sind.
Nimmt der Arbeitnehmer die Pflegezeit nach § 3 in Anspruch, ggf. in Kombination mit Teilzeitarbeit, so setzt das Entstehen des besonderen Kündigungsschutzes zunächst voraus, dass dieser Anspruch berechtigt geltend gemacht wird. Dazu muss die nötige Betriebsgröße von 15 Beschäftigten (nicht nur Arbeitnehmern) erreicht sein, wobei hier ein reines "Kopfprinzip" ohne Rücksicht auf Teilzeitbeschäftigung gilt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 PflegeZG). Darüber hinaus muss der Anspruch formgerecht geltend gemacht worden sein, nämlich schriftlich unter Angabe des Beginns der Pflegezeit (§ 3 Abs. 3 PflegeZG).
Voraussetzung ist weiter, dass der Arbeitnehmer
- einen nahen Angehörigen,
- der zur Zeit der Inanspruchnahme der Pflegezeit objektiv schon pflegebedürftig nach § 7 Abs. 4 PflegeZG ist,
- in häuslicher Umgebung (seiner eigenen oder der des zu Pflegenden)
- pflegt und für ihn Pflegeleistungen i. S. d. § 36 SGB XI erbringt.
Die Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit kann – wenn sie erst vom MDK oder der Pflegekasse noch erstellt werden muss – vom Arbeitnehmer nachgereicht werden. Stellt sich nachträglich heraus, dass eine angenommene Pflegebedürftigkeit doch nicht besteht, hat der besondere Kündigungsschutz nie bestanden.
Die zeitliche Grenze des Kündigungsschutzes ist in § 5 Abs. 1 PflegeZG geregelt. Das Kündigungsverbot beginnt mit Zugang der schriftlichen Ankündigung nach § 3 Abs. 3 PflegeZG – höchstens jedoch 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn – bis zum Ende der Pflegezeit, ggf. auch vorzeitig, wenn die Pflegezeit aus den in § 4 PflegeZG vorgesehenen Gründen abgebrochen wird, z. B. bei Tod der zu pflegenden Person.