Neben dem gesetzlichen gibt es im BAT einen tarifvertraglichen Kündigungsschutz, die so genannte Unkündbarkeit. Mit der Unkündbarkeit erhält der Angestellte im öffentlichen Dienst eine dem Beamten auf Lebenszeit angenäherte Rechtsstellung (§§ 53 Abs. 3, 55 BAT).
13.1 Unkündbare Angestellte - Bedeutung und Voraussetzungen
"Unkündbarkeit" bedeutet den Ausschluss der ordentlichen Kündigung seitens des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer seinerseits kann auch nach Eintritt seiner Unkündbarkeit ordentlich kündigen. Für seine Kündigung gilt die Frist von 6 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 53 Abs. 2 BAT).
Dem Arbeitgeber verbleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen (§§ 54, 55 Abs. 1 BAT). Des Weiteren besteht in engen Grenzen die Möglichkeit einer Änderungskündigung (§ 55 Abs. 2 BAT).
Voraussetzungen der "Unkündbarkeit" sind
- eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren
- Vollendung des 40. Lebensjahres
Die genannten zwei Voraussetzungen müssen beim Zugang der Kündigungserklärung vorliegen. Es genügt nicht, dass die Voraussetzungen erst in dem Zeitpunkt gegeben sind, zu dem die Kündigung das Arbeitsverhältnis beenden soll.
Kündigen Sie einem Angestellten kurz vor Erreichen der "Unkündbarkeit", besteht die Gefahr, dass die Kündigung als objektiv funktionswidrige Umgehung des tariflichen Kündigungsschutzes und daher als rechtsunwirksam angesehen wird. Als rechtsmissbräuchlich wurde z.B. eine Kündigung erklärt, bei der der Arbeitgeber kurz vor dem Eintritt der Unkündbarkeit ordentlich gekündigt hat, jedoch nicht zum nächstmöglichen Kündigungstermin, sondern erst zu einem späteren Termin und dem Arbeitgeber für einen derart frühzeitigen Ausspruch der Kündigungserklärung kein sachlich gerechtfertigter Grund zur Seite stand.
Als rechtsmissbräuchlich wurde auch angesehen die Herbeiführung des Wegfalls der für die weitere Beschäftigung eines Angestellten erforderlichen Drittmittel, um durch eine auf diesen Umstand gestützte Kündigung den Eintritt der Unkündbarkeit zu verhindern. Sie sollten daher die Kündigung in einem gewissen zeitlichen Abstand vor Eintritt der "Unkündbarkeit" aussprechen. Ist dies nicht möglich, sollten Sie größtmögliche Sorgfalt darauf verwenden, alles zu vermeiden, was auf eine Umgehung des besonderen tariflichen Kündigungsschutzes hinweisen könnte.
Während der ersten 6 Monate der Beschäftigung tritt die Unkündbarkeit nicht ein, selbst wenn die Alters- und Beschäftigungsvoraussetzungen in Folge Anrechnung früherer Beschäftigungen erfüllt sein sollten. Hier hat die Probezeit Vorrang.
Bezüglich der Ermittlung der Beschäftigungszeit gilt die Regelung des § 19 BAT.
Allerdings werden Zeiten in der früheren DDR bis zum 2.10.1990 nicht berücksichtigt.
13.2 Außerordentliche Kündigung (§ 55 Abs. 1 BAT)
Die "Unkündbarkeit" schützt den Angestellten nur vor ordentlichen Kündigungen. Aus wichtigem Grund kann der Arbeitgeber jedoch außerordentlich kündigen. Der wichtige Grund darf allerdings nur in der Person oder im Verhalten des Angestellten liegen. Nach dem Wortlaut des BAT nicht möglich ist eine Kündigung aus
- betrieblichen Erfordernissen, seien sie auch noch so dringlich
- Gründen einer Leistungsminderung, da hier nur eine Änderungskündigung vorgesehen ist (§ 55 Abs. 2 BAT).
Voraussetzung für die Kündigung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dieser Begriff entspricht dem des § 54 BAT (vgl. Außerordentliche Kündigung). Er muss nicht etwa im Hinblick auf die Unkündbarkeit darüber hinaus noch besonders schwerwiegend sein. Prüfungsmaßstab für die Beurteilung des wichtigen Grundes ist die Dauer der künftigen Vertragsbindung. Es ist daher darauf abzustellen, ob es dem Arbeitgeber zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Erreichen der Altersgrenze fortzusetzen. Dies kann sich je im Einzelfall zugunsten, aber auch zulasten des Arbeitnehmers auswirken. So ist bei Dauertatbeständen oder Vorfällen mit Wiederholungsgefahrdie Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eines unkündbaren Arbeitnehmers für den Arbeitgeber eher unzumutbar als bei einem ordentlichen kündbaren Arbeitnehmer, während bei einmaligen Vorfällen ohne Wiederholungsgefahr sich die lange Vertragsbindung eher zugunsten des Angestellten auswirkt.
In die Interessenabwägung einzubeziehen ist die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung des Arbeitnehmers durch Umsetzung oder Versetzung. Bei unkündbaren Angestellten ist hierbei nicht nur der jeweilige Betrieb oder die Dienststelle des Arbeitgebers heranzuziehen, sondern im Rahmen der Zumutbarkeit der gesamte Bereich des Arbeitgebers.
Auch die außerordentliche Kündigung nach § 55 Abs. 1 hat innerhalb einer Ausschlussfrist von 2 Wochen zu erfolgen (vgl. Außerordentliche Kündigung). Die Frist beginnt mit Kenntnis des Kündigung...