ArbG Lübeck, Urteil v. 14.4.2022, 5 Ca 189/22

Die Vorlage einer aus dem Internet ausgedruckten ärztlichen "Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit" ohne vorherige Untersuchung kann im Einzelfall eine Kündigung rechtfertigen.

Sachverhalt

Die Klägerin, die seit 2001 bei der beklagten Klinik als Krankenschwester beschäftigt ist, legte im Zuge der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ihrer Arbeitgeberin eine aus dem Internet ausgedruckte Bescheinigung vor, die eine sechsmonatige vorläufige Impfunfähigkeit auswies und die Unterschrift einer Ärztin aus Süddeutschland enthielt. Eine (digitale) Besprechung mit der Ärztin hatte im Vorfeld nicht stattgefunden. Die Beklagte hatte deshalb das Gesundheitsamt informiert und zudem der Klägerin im Januar 2022 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.7.2022 gekündigt.

Diese erhob Klage. Sie war der Ansicht, dass die Vorlage einer solchen Bescheinigung nicht zu beanstanden sei und § 20a IfSG weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen der Arbeitgeberin gegenüber ihren Beschäftigten ausschlösse; denn allein das Gesundheitsamt könne in dieser Situation handeln und eine ärztliche Untersuchung der betroffenen Mitarbeiterin veranlassen.

Die Entscheidung

Die Klage hatte nur bzgl. der fristlosen Kündigung Erfolg. Die ordentliche Kündigung war dagegen gerechtfertigt.

Das Gericht begründete seine Entscheidung zunächst damit, dass die fristlose Kündigung wegen der sehr langen Betriebszugehörigkeit unverhältnismäßig sei.

Allerdings stelle die Vorlage einer vorgefertigten ärztlichen Impfunfähigkeitsbescheinigung ohne vorherige Untersuchung eine solch schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dar, die das Vertrauen in eine ungestörte weitere Zusammenarbeit auch ohne vorherige Abmahnung zerstöre; denn der Klägerin musste klar sein, dass die vorgelegte Bescheinigung zwar bei der Arbeitgeberin den Anschein eines ärztlichen Zeugnisses erwecken würde, aber in Wahrheit nicht auf einer ärztlichen Untersuchung beruhte. Auch aus § 20a IfSG ergebe sich für eine solche Konstellation kein arbeitsrechtliches Kündigungsverbot.

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