Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung über den Vorsitz der Einigungsstelle bei Ablehnung des vorgeschlagenen Kandidaten durch eine Betriebspartei
Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Verfahren nach § 100 ArbGG die Einsetzung einer/s bestimmten Vorsitzenden der Einigungsstelle beantragt und diese Person vom anderen am Verfahren beteiligten Betriebspartner ohne nähere Begründung abgelehnt, ist die Ablehnung für die gerichtliche Ermessensentscheidung regelmäßig unerheblich (entgegen LAG Düsseldorf - 25. August 2014 - 9 TaBV 39/14).
Normenkette
BetrVG § 76 Abs. 2; ArbGG § 100; BetrVG § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 28.08.2017; Aktenzeichen 6 BV 4/17) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 28. August 2017 (6 BV 4/17) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Arbeitsgericht hat eine Einigungsstelle eingesetzt. Mit der Beschwerde wendet sich der Betriebsrat sowohl gegen die Person des Vorsitzenden als auch gegen die festgesetzte Zahl von vier Beisitzern je Seite. Er will die Einigungsstelle mit je fünf Beisitzern besetzen.
Die Arbeitgeberin ist ein Linienbusunternehmen mit betrieblichem Sitz in K. Mit ihren Bussen bedient sie regionale Strecken in den Bereichen ihrer unselbstständigen Niederlassungen B, L, H und A. Der am Verfahren beteiligte Betriebsrat ist sowohl für die Verwaltung als auch für die Niederlassungen zuständig.
Die Aufträge zu den Linienverkehren sind zeitlich begrenzt und werden nach Ablauf des jeweiligen Zeitraums neu ausgeschrieben. Die Geschäftsführung der Arbeitgeberin beschloss am 18. Juli 2016, sich aus den Verkehrsmärkten der Niederlassungen B, L und des Servicecenters La (Niederlassung A) zurückzuziehen und sich nicht mehr an Neuausschreibungen von Verkehrsleistungen in diesen Bereichen zu beteiligen. Bei Umsetzung des Beschlusses fallen bei der Arbeitgeberin voraussichtlich in folgendem Umfang Arbeitsplätze weg:
- am 01.07.2017: 2 Arbeitsplätze in der Verwaltung
- am 01.08.2017: 10 Arbeitsplätze für Busfahrer
- am 10.09.2017: 4 Arbeitsplätze für Busfahrer
- am 10.12.2017: 88 Arbeitsplätze für Busfahrer
- am 01.01.2018: 26 Arbeitsplätze für Busfahrer und 6 in der Verwaltung
- am 01.07.2018: 14 Arbeitsplätze für Busfahrer und 2 in der Verwaltung
- am 09.12.2018: 98 Arbeitsplätze für Busfahrer
- am 01.01.2019: 19 Arbeitsplätze für Busfahrer und 10 in der Verwaltung
- am 10.06.2019: 15 Arbeitsplätze für Busfahrer
- am 01.07.2019: 6 Arbeitsplätze in der Verwaltung
- am 01.08.2019: 13 Arbeitsplätze für Busfahrer
- am 08.12.2019: 23 Arbeitsplätze für Busfahrer.
Vom 08. März 2017 bis 14.Juli 2017 verhandelten die Beteiligten in fünf Runden über den Abschluss eines Interessenausgleichs zum Beschluss der Geschäftsführung und den Abschluss eines Sozialplans. Sie konnten keine Einigung erzielen. Die Arbeitgeberin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 14. Juli 2017 die Verhandlungen für gescheitert und rief die Einigungsstelle an. Als Vorsitzenden der Einigungsstelle schlug sie St. vor. Die Zahl der Beisitzer sollte auf jeder Seite vier betragen. Nach dem für die Arbeitgeberin geltenden Tarifvertrag BetrVTV DB Regio Schiene/Bus ist eine regelmäßige Besetzung von Einigungsstellen mit je drei Beisitzern vorgesehen (§ 6). Ohne nähere Begründung schlug der Betriebsrat mit Schreiben vom 19. Juli 2017 als Vorsitzenden der Einigungsstelle V vor. Da es notwendig sei, dass er in der Einigungsstelle von den drei Mitgliedern der Verhandlungskommission, einem Gewerkschaftssekretär und der bevollmächtigten Rechtsanwältin vertreten werde, schlage er als Zahl der Beisitzer je fünf vor. Die Beteiligten konnten sich nicht über die Besetzung der Einigungsstelle einigen.
Der Antragsschriftsatz der Arbeitgeberin ging am 21. Juli beim Arbeitsgericht ein und wurde dem Betriebsrat am 27. Juli zugestellt.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
- zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand "Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplan zum Wegfall von Arbeitsplätzen im Betrieb der Beteiligten zu Ziffer 1 im Zeitraum 01.08.2017 bis 08.12.2019 durch den Wegfall von Verkehrsleistungen" wird St. bestellt.
- die Anzahl der Beisitzer wird auf jeweils vier festgesetzt.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- zum Vorsitzenden der Einigungsstelle wird V bestellt.
- die Anzahl der Beisitzerinnen bzw. Beisitzer wird auf jeweils fünf Personen festgesetzt.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28. August 2017 den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben. Die Anträge des Betriebsrats hat es zurückgewiesen. Sowohl der von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Vorsitzende als auch der vom Betriebsrat vorgeschlagene Vorsitzende seien für den Vorsitz der Einigungsstelle geeignet. Sie seien neutral und verfügten über die notwendige Sach- und Rechtskunde. Der von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Vorsitzende sei vorzuziehen, weil er in der Branche bereits tätig gewesen sei und seine örtliche Entfernung zum Betriebssitz der Arbeitgeberin in Karlsruhe geringer sei als die des Vorsitzenden, den der ...