Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erschwerniszulage für das Tragen einer OP-Maske. OP-Maske keine Atemschutzmaske im tariflichen Sinne. Auslegung des § 10 Nr. 1.2 RTV
Leitsatz (amtlich)
Das Tragen einer OP-Maske bei der Arbeit ist nicht zuschlagpflichtig nach § 10 Nr. 1.2 RTV-Gebäudereinigung
Normenkette
RTV Gebäudereinigung § 10 Nr. 1.2; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 13.07.2021; Aktenzeichen 17 Ca 2580/21) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.07.2021 - 17 Ca 2580/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision des Klägers wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Erschwerniszuschlags.
Die Beklagte beschäftigt den Kläger seit dem 01.08.2007 als Reinigungskraft. Auf das Arbeitsverhältnis findet der für allgemeinverbindlich erklärte Rahmentarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 31.10.2019 (RTV) Anwendung.
Der Kläger trug in der Zeit von August 2020 bis Mai 2021 auf Anweisung der Beklagten bei der Ausführung der Arbeit eine Medizinische Gesichtsmaske (OP-Maske). Er ist der Auffassung, es handele sich bei einer OP-Maske um eine Atemschutzmaske im Sinne des § 10 Nr. 1.2 RTV; ihm stehe deshalb für den genannten Zeitraum ein Erschwerniszuschlag von 10 v.H. zu.
Mit seiner Klage hat der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung eines Erschwerniszuschlags geltend gemacht. Die Beklagte ist der Klage mit der Auffassung entgegengetreten, ein tariflicher Erschwerniszuschlag sei nicht geschuldet, weil eine OP-Maske nicht zur persönlichen Schutzausrüstung gehöre.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch ein am 13.07.2021 verkündetes Urteil abgewiesen. § 10 Nr. 1.2 RTV knüpfe an das Arbeitsschutzrecht an und sehe daher eine Zuschlagspflicht nur für Atemschutzmasken vor, die als Teil der persönlichen Schutzausrüstung die Beschäftigten vor Gesundheitsgefahren schützten; dies treffe auf OP-Masken nicht zu.
Gegen dieses ihm am 15.07.2021 zugestellte Urteil richtet sich die am 03.08.2021 eingelegte Berufung des Klägers, die er mit einem am 14.09.2021 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, das Tragen einer OP-Maske bei der Arbeit führe zu einem Erschwerniszuschlag nach § 10 Nr. 1.2 RTV. Eine Auslegung dieser Tarifnorm ergebe, dass allein die Erschwernis, die das Tragen einer Maske bei der Arbeit mit sich bringe, durch den Erschwerniszuschlag von 10 v.H. abgegolten werden solle; die Schutzwirkung der Maske sei demgegenüber unerheblich. Im Übrigen würde eine OP-Maske auch die Gefahr der eigenen Ansteckung verringern; sie sei als Teil der persönlichen Schutzausrüstung anzusehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 13.07.2021 - 17 Ca 2580/21 - zu verurteilen, an ihn 1.115,87 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 241,86 EUR seit dem 19.01.2021, auf 509,59 EUR seit dem 09.03.2021, auf 88,88 EUR seit dem 23.03.2021, auf 117,21 EUR seit dem 15.04.2021, auf 74,44 EUR seit dem 15.05.2021 und auf 83,89 EUR seit dem 28.06.2021 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine OP-Maske stelle keine Atemschutzmaske im Tarifsinne dar, weil sie nicht den Beschäftigten, sondern Dritte vor Ansteckung schützen solle; sie gehöre daher nicht zur persönlichen Schutzausrüstung der Beschäftigten. Die Erschwernis, die durch das Tragen einer OP-Maske bei der Arbeit entstehe, werde daher nicht durch den tariflichen Erschwerniszuschlag abgegolten.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 14.09. und 21.10.2021 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geforderte Erschwerniszuschlag nach § 10 Nr. 1.2 RTV nicht zu.
1. § 10 RTV hat - soweit im vorliegenden Fall von Interesse - folgenden Wortlaut:
Erschwerniszuschläge
Der Anspruch auf nachstehende Zuschläge setzt voraus, dass Beschäftigte die einschlägigen Arbeitsschutzvorschriften einhalten.
Beschäftigte haben für die Zeit, in der sie mit einer der folgenden Arbeiten beschäftigt werden, Anspruch auf den nachstehend jeweils aufgeführten Erschwerniszuschlag, bezogen auf den jeweiligen Lohn des Tätigkeitsbereiches.
1. Arbeiten mit persönlicher Schutzausrüstung (Schutzbekleidung, Atemschutzgerät) |
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1.1 Arbeiten, bei denen ein vorgeschriebener Schutzanzug (mit PVC o.ä. beschichtet) verwendet wird |
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a) mit Kapuze, Überschuhen, Handschuhen und Brille |
5 % |
b) mit Kapuze, Überschuhen und Handschuhen, Filterschutzmaske oder luftunterstützenden Beatmungssystemen |
15 % |
c) mit Kapuze, Überschuhen und Handschuhen, Frischluftsaugschlauchgerät, Druckluftschlauchgerät (Pressluf... |