Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Setzung von Leistungszielen gem. § 18 Abs. 6 S. 2 TVöD (VKA)
Leitsatz (amtlich)
1. Indem § 18 Abs. 6 Satz 2 TVöD (VKA) besagt, dass innerhalb eines Systems leistungsbezogener Bezahlung die individuellen Leistungsziele von Beschäftigten bzw. Beschäftigtengruppen beeinflussbar sein müssen, ist tariflich angeordnet, dass die Erreichung des - etwa in einer Zielvereinbarung - festgelegten Ziels durch den individuellen Beschäftigten bzw. die individuelle Beschäftigtengruppe beeinflussbar sein muss.
2. Ein individuelles Leistungsziel muss durch Sorgfalt, Fleiß und Mühewaltung dem individuellen Beschäftigten erreichbar sein. Für das Gruppen-Leistungsziel gilt dasselbe in Bezug auf das Zusammenwirken der Beschäftigtengruppe zum Erreichen des gemeinsamen, einheitlichen Zieles.
3. Offen hat zu bleiben, ob § 18 Abs. 6 Satz 2 TVöD (VKA) es gestattet, ein individuelles Leistungsziel dahingehend zu definieren, dass Zielerreichung dann anzunehmen sei, wenn eine Mehrzahl von Beschäftigten in zusammenfassender Betrachtung ein "Summen-Ziel" erreicht, ohne eine Beschäftigtengruppe mit gemeinsamen Gruppenziel zu bilden. Die Festlegung eines solchen Summen-Ziels muss aber jedenfalls dafür Gewähr bieten, dass es dem individuellen Beschäftigten möglich ist, auf das Erreichen des Summen-Ziels hinzuwirken, etwa indem er motivierend auf seine Kollegenschaft einwirkt. Die bloße Möglichkeit, die individuelle Leistung zum Erreichen des Summen-Ziels beizutragen, ist für sich allein betrachtet keine hinreichende Möglichkeit der Beeinflussung der Zielerreichung im Sinne von § 18 Abs. 6 Satz 2 TVöD (VKA).
4. Ein einzelner Mitarbeiter eines Jobcenters vermag es nicht zu beeinflussen, ob neunzig Mitarbeiter des Jobcenters an vier Standorten innerhalb eines Landkreises das Ziel erreichen, während eines Referenzzeitraumes von neun Monaten mindestens 2.024 arbeitssuchende Personen in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Normenkette
TVöD (VKA) § 18 Abs. 6 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Eberswalde (Entscheidung vom 19.10.2016; Aktenzeichen 3 Ca 147/16) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 19. Oktober 2016 - 3 Ca 147/16 - teilweise abgeändert, und zwar insoweit, als der Klageantrag zu 1) abgewiesen worden ist. Der beklagte Landkreis wird verurteilt, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, in welcher Höhe leistungsorientierte Bezahlung für das Jahr 2015 seitens des beklagten Landkreises den übrigen, in Vollzeit tätigen Beschäftigten auf der Hierarchieebene des Klägers (Sachbearbeiter, Fallmanager, Jobcenter Entgeltgruppe 9 TVöD VKA) gewährt wurde.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 19. Oktober 2016 - 3 Ca 147/16 - im Kostenausspruch sowie insoweit aufgehoben, als dort die Klageanträge zu 2) und 3) abgewiesen worden sind. Insoweit wird der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Eberswalde zurückverwiesen.
III. Für den beklagten Landkreis wird die Revision zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten (jedenfalls) über einen Schadensersatzanspruch, den der Kläger im Wege der Stufenklage geltend macht.
Der beklagte und berufungsbeklagte Landkreis (im Folgenden: Beklagter) unterhält ein Jobcenter, welches Geschäftsstellen in Angermünde, Templin, Schwedt und Prenzlau besitzt. Eine weitere Untergliederung erfolgt in Teams, welche über einen Teamleiter oder eine Teamleiterin verfügen.
Kernaufgabe des Jobcenters ist die Eingliederung von arbeitslosen Menschen in Arbeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1. SGB II. Solche "Integrationen" hängen hierbei insbesondere von der Arbeitsmarktstruktur des Jobcenters und den individuellen Vermittlungshindernissen des jeweiligen Kunden bzw. der jeweiligen Kundin ab. Integrationsanzahl und -quote sind hierbei über die Bundesagentur für Arbeit genau definiert und werden auch dort ermittelt. Zu diesem Zwecke geben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Beklagten die durch sie erarbeiteten Integrationen in die EDV ein, wo sie gebündelt und der Bundesagentur für Arbeit übermittelt werden. Dort werden die Zahlen einer Revision unterworfen und - gewöhnlich in herabgesetzter Anzahl - an den Beklagten zurückgemeldet. Die Integration ist somit Verwaltungsziel. Ziele des Jobcenters werden durch den Kreistag mit dem Arbeitsmarktprogramm festgelegt und mit dem Ministerium durch eine jährliche Zielvereinbarung mit dem Jobcenter vereinbart.
Der Kläger ist am Dienstort der Jobcenter-Geschäftsstelle Prenzlau als Sachbearbeiter/Fallmanager mit Integrationen befasst. Er arbeitet in Vollzeit und bezieht ein Entgelt gemäß der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 zum TVöD. Das Tarifwerk gestaltet das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit aus.
Unter dem Datum des 13. Januar 2010 schlossen der Beklagte und der bei der Kreisverwaltung gebildete Personalrat die "Dienstvereinbarung zur Einführung eines leistungsorientierten Entgeltes und Vereinbarung eines betrieblichen Systems für die Umsetzung des § 18 T...