Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbrauch bei Arbeitgeberwechsel in der Forschung zum Zweck einer sachgrundlos befristeten Weiterbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Auch im Bereich der Forschung kann ein Arbeitgeberwechsel zum Zwecke einer sachgrundlos befristeten Weiterbeschäftigung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf demselben Arbeitsplatz als rechtsmissbräuchliche Umgehung des Anschlussverbots des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG anzusehen sein (hier bejaht).
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 Sätze 1-2; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.05.2018; Aktenzeichen 58 Ca 13755/17) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2018 - 58 Ca 13755/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Zur Klarstellung wird der Tenor I. 2. des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2018 - 58 Ca 13755/17 - wie folgt gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss der Befristungskontrollklage als technische Mitarbeiterin zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15. September 2015 weiterzubeschäftigten.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über einen Anspruch der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung.
Die Beklagte, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, unterhält seit 2006 zusammen mit dem Forschungsverbund Berlin e.V. (im Folgenden: Forschungsverbund) auf dem Campus Berlin Buch ein gemeinsames, am Leibnitz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und dem Max-Delbrück-Centrum für molekulare Medizin (MDC) angesiedeltes Labor und beide betreiben die dort tätige Arbeitsgruppe "Physiologie und Pathologie des Ionentransports". Die Klägerin war in der Arbeitsgruppe seit 2012 durchgehend als technische Assistentin bzw. technische Mitarbeiterin tätig und verdiente zuletzt ..... Euro brutto.
Leiter der Arbeitsgruppe und zugleich Dienstvorgesetzter der übrigen Arbeitsgruppenmitglieder ist Prof. Dr. Dr. J. (im Folgenden: Prof. J.). Prof. J. ist 1953 geboren und seit 2006 aufgrund einer gemeinsamen Berufung des Forschungsverbunds und der Charité - Universitätsmedizin Berlin Professor an der Charité und im Rahmen des sog. Berliner Modells bis 2021 als Arbeitsgruppenleiter zum Forschungsverbund delegiert. Daneben nimmt er in geringem Umfang Lehr- und Prüfungsverpflichtungen an der Charité wahr. Er erhält seine Bezüge von der Charité, die diese vom Forschungsverbund erstattet bekommt. Die für das Labor und die Arbeitsgruppe anfallenden Kosten einschließlich der Personalkosten werden, soweit sie nicht durch vom Forschungsverbund eingeworbene Drittmittel abgedeckt sind, von der Beklagten und dem Forschungsverbund hälftig getragen, wobei die Kosten dem jeweils anderen Träger zur Hälfte in Rechnung gestellt werden. Das drittmittelfinanzierte Personal ist beim Forschungsverbund angestellt und wird über die Drittmittel abgerechnet. Das haushaltsfinanzierte Personal ist bis auf wenige Ausnahmen bei der Beklagten angestellt, die die Kosten dem Forschungsverbund zur Hälfte in Rechnung stellt.
Zunächst war die Klägerin beim Forschungsverbund auf der Grundlage eines vom 23. Mai 2012 bis zum 31. Mai 2013 sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages vom 10./21. Mai 2012 beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach "dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und den diesen ergänzenden (insbesondere den TVÜ-Bund), ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes einschließlich des besonderen Teils Verwaltung (BT-V) maßgebenden Fassung für das Tarifgebiet Ost." Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 36 f. d.A.) verwiesen. Mit Änderungsvertrag vom 8./19. März 2013 wurde das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Satz 2 WissZeitVG aF zur Mitarbeit im Projekt "EU CYTOVOLION" bei ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum 31. Mai 2015 verlängert (Bl. 38 d.A.). Mit einem weiteren Änderungsvertrag vom 11. Februar 2015 wurde das Arbeitsverhältnis ohne Änderungen nochmals bis zum 31. März 2017 verlängert (Bl. 39 d.A.). Das Projekt "EU CYTOVOLION" wurde ua. durch Drittmittel finanziert und hatte eine Laufzeit vom 1. April 2012 bis zum 31. März 2017.
Weiter war in der Arbeitsgruppe Frau Je. als technische Mitarbeiterin tätig. Frau Je. war bei der Beklagten auf der Grundlage eines vom 1. Februar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 befristeten Arbeitsvertrages beschäftigt.
Im Sommer 2015 sprach die beim Forschungsverbund beschäftigte und innerhalb der Arbeitsgruppe für Personalfragen zuständige Arbeitsgruppenkoordinatorin Dr. N. in Absprache mit Prof. J. die Klägerin an und schlug ihr vor, ihr Arbeitsverhältnis mit dem Forschungsverbund zum 1. Januar 2016 vorzeitig zu beenden und zur Beklagten zu wechseln, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Zu diesem Zeitpunkt existierte bereits ein Referentenen...