Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist;. rückwirkende Heilung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt der Arbeitgeber, die vom Arbeitnehmer geltend gemachten Ansprüche auf ihre Berechtigung überprüfen zu wollen, so liegt darin weder ein Schweigen noch eine Ablehnung, weshalb der Arbeitnehmer nicht gehalten ist, zur Wahrung einer zweistufigen tariflichen Ausschlussfrist Klage zu erheben.

2. Lässt sich der Arbeitgeber rügelos auf eine erst im Gütetermin unterzeichnete Klagerweiterung des Arbeitnehmers ein, so wirkt die dadurch gemäß § 295 ZPO eintretende Heilung auf den Zeitpunkt der Einreichung bei Gericht zurück. Eine tarifliche Ausschlussfrist kann jedenfalls als gewahrt angesehen werden, wenn sie erst wenige Tage zuvor abgelaufen ist und eine im Zeitpunkt der Heilung erfolgte Zustellung noch als „demnächst” i. S. d. § 270 Abs. 3 ZPO anzusehen wäre.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 4 S. 1; RTV Maler § 49 Nr. 2 S. 1; ZPO § 270 Abs. 3, § 295

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 05.12.2000; Aktenzeichen 2 Ca 25488/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. Dezember 2000 – 12 Ca 25488/00 – teilweise geändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger

  1. 196,20 DM (einhundertsechsundneunzig 20/100) netto nebst 4 % Zinsen seit dem 21. September 2000,
  2. 273,00 DM (zweihundertdreiundsiebzig) brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 21. September 2000,
  3. 115,20 DM (einhundertfünfzehn 20/100) netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank nach § 1 DÜG seit dem 13. Oktober 2000 und
  4. 3.012,00 DM (dreitausendzwölf) brutto abzüglich 1.512,80 DM netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank nach § 1 DÜG seit dem 13. Oktober 2000

zu zahlen.

3. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger stand seit dem 25. April 2000 als Malerhelfer in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten, das von diesem mit einem am 23. Juni 2000 zugegangenen Schreiben ordentlich gekündigt wurde. Auf das Arbeitsverhältnis fand der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk vom 30. März 1992 (RTV Maler) mit den Änderungen im ebenfalls für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag vom 28. September 1998 Anwendung.

Durch Schreiben vom 22. Juni 2000 machte der Kläger für April und Mai Ansprüche auf Fahrkostenerstattung und Mehraufwandentschädigung in Höhe von insgesamt 537,60 DM netto geltend, wozu der Beklagte mit Schreiben vom 28. Juni 2000 Stellung nahm. Auf ein weiteres Schreiben des Klägers vom 24. Juli 2000, mit dem er 3.829,80 DM brutto Lohn, Fahrkostenerstattung und Mehraufwandsentschädigung für Juni und Juli verlangte, sicherte der Beklagte mit Schreiben vom 14. August 2000 eine Überprüfung zu.

Aufgrund Abrechnung von 2.194,70 DM brutto für Juni 2000 (Ablichtung Bl. 38 d. A.) zahlte der Beklagte an den Kläger den dort ausgewiesenen Nettobetrag von 1.512,80 DM.

Mit seiner am 11. September 2000 eingereichten Klage nimmt der Kläger den Beklagten nunmehr auf Zahlung von 196,20 DM netto Fahrkostenerstattung und 273,00 DM brutto Mehraufwandsentschädigung für April und Mai 2000 in Anspruch. Eine Klageerweiterung um 3.815,17 DM brutto Lohn, Fahrkostenerstattung und Mehraufwandsentschädigung für Juni und Juli 2000 ist von seinem Prozessbevollmächtigten erst im Gütetermin vom 12. Oktober 2000 unterzeichnet worden.

Das Arbeitsgericht Berlin hat der Klage in Höhe von 680,00 DM brutto Verzugslohn für Juli 2000 stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Zur Begründung der Abweisung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Ansprüche des Klägers für die Zeit bis Juni 2000 seien verfallen, weil er sie nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist der sog. zweiten Stufe gerichtlich geltend gemacht habe.

Gegen dieses ihm am 10. Januar 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. Februar 2001, einem Montag, eingelegte und am 09. März 2001 begründete Berufung des Klägers. Er ist der Ansicht, angesichts der zugesagten Überprüfung habe er die zweite Stufe der tariflichen Ausschlussfrist nicht einzuhalten brauchen. Soweit die Klagefrist hinsichtlich seiner Ansprüche für Juni 2000 bereits in Lauf gesetzt gewesen sei, habe die Zusage des Beklagten vom 14. August 2000 ihren weiteren Lauf gehemmt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn

  1. weitere 196,20 DM netto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit,
  2. weitere 273,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit und
  3. weitere 3.135,70 DM brutto abzüglich 1.512,80 DM netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank nach § 1 des Diskont-Überleitungsgesetzes

zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und behauptet, die in der Lohnabrechnung für...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge