Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 19.11.1992; Aktenzeichen 73 Ca 16313/92)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.10.1994; Aktenzeichen 7 AZR 967/93)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen des am 19.11.1992 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 73 Ca 16313/92 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am … 1932 geborene Klägerin war seit dem 15. November 1971 als medizinisch-technische Assistentin beim Städtischen Krankenhaus Berlin-W. beschäftigt. Im Jahre 1980 wurde die Klägerin als Schwerbeschädigte anerkannt und erhielt eine Invalidenrente. Die Klägerin arbeitete zuletzt acht Stunden wöchentlich im Rahmen des sogenannten Lohndrittels im Sinne des § 8 Absätze 1 und 2 der Verordnung der ehemaligen DDR über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 (GBl. I 1979 Nr. 43, S. 401).

Die der Klägerin aufgrund ihrer Invalidität gezahlte Versichertenrente wurde durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 28. November 1991 zum 1. Januar 1992 umgewertet und angepaßt und wird seitdem als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit geleistet.

Mit Schreiben vom 25. März 1992 teilte das Krankenhaus der Klägerin mit, im Hinblick darauf, daß sie am 10. April 1992 das 60. Lebensjahr vollenden und von dieser Zeit an eine Altersrente beziehen werde, werde ihr Arbeitsverhältnis gemäß § 60 BAT-O mit dem 30. April 1992 enden. Mit Schreiben vom 7. Mai 1992 teilte das Krankenhaus weiter mit, daß das Arbeitsverhältnis nach dem Zusatzurlaub der Klägerin als Schwerbehinderte mit dem 14. Mai 1992 ende. Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin lehnte das Krankenhaus ab.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat durch am 19. November 1992 verkündetes Urteil nach dem Klageantrag erkannt und seine Entscheidung unter anderem wie folgt begründet: Die Übergangsvorschrift zu § 60 BAT-O sei dahin auszulegen, daß mit ihr nur die Fortgeltung abweichender Regelaltersgrenzen nach der zur Zeit des Tarifvertragsabschlusses am 10. Dezember 1990 geltenden Rechtslage hätte vereinbart, aber nicht die später durch das Renten- Überleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 eingetretenen Gesetzesänderungen bzw. Neuregelungen hätten berücksichtigt werden sollen. Eine andere Auslegung der tarifvertraglichen Regelung verbiete auch das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 2 GG und des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/207 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976. – Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Urteil ist der Beklagten am 18. Februar 1993 zugestellt worden. Die Berufung der Beklagten ist am 17. März 1993, die Berufungsbegründung ist am 19. April, einem Montag, beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt die Beklagte vor:

Die Übergangsvorschrift in § 60 BAT-O regele nicht selbständig die Frage, daß und wann ein Angestellter bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, sondern knüpfe an die gesetzliche rentenrechtliche Regelung an. Eine solche Verweisung auf gesetzliche Regelungen sei tarifrechtlich zulässig und im vorliegenden Zusammenhang auch nicht sachfremd. Der Wille der Tarifvertragsparteien sei erkennbar dahingegangen, an die rentenrechtliche Regelung für die Beitrittsgebiete anzuknüpfen, die für eine Übergangszeit vom Gesetzgeber geschaffen werden würden. Die unterschiedliche Altersgrenze für Frauen und Männer durch die rentenrechtliche Regelung sei nicht verfassungswidrig.

Die Unwirksamkeit der Übergangsvorschrift in § 60 BAT-O könne auch nicht aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 76/207/EWG hergeleitet werden.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin mit Rechtsausführungen entgegen.

Wegen des Vorbringens der Parteien in der zweiten Instanz im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 14. April 1993 (Bl. 41 bis 46 d.A.), 13. Juli 1993 nebst Anlagen (Bl. 53 bis 56 d.A.) und 24. August 1993 (Bl. 68 d.A.) und der Klägerin vom 24. Juli 1993 (Bl. 57 bis 59 d.A.), 20. August 1993 (Bl. 64 d.A.), 6. September 1993 (Bl. 69 d.A.) und 13. September 1993 nebst Anlage (Bl. 70 und 71 d.A.), die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 5. August 1993 (Bl. 60 R d.A.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 8 Abs. 2, 64 Absätze 1 und 2 ArbGG), und sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 222...

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