Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung beim Einsatz von freien Finanzberatern bei Banken
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG dient der Wahrnehmung der kollektiven Interessen der Belegschaft. Diese Interessen werden berührt, wenn Personen ungeachtet des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses in die betriebliche Organisation eingegliedert werden und unmittelbar mit den bereits beschäftigten Arbeitnehmern zusammenarbeiten.
2. Maßgebend für eine nach § 99 BetrVG zustimmungspflichtige Einstellung ist, ob die von diesen Personen zu verrichtende Tätigkeit ihrer Art nach eine weisungsgebundene Tätigkeit ist, die für die Verwirklichung des arbeitstechnischen Zweckes des Betriebes unabdingbar ist und daher vom Arbeitgeber organisiert werden muß. Unerheblich ist, ob und ggf. von wem diesen Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeit erteilt werden.
3. Der Einsatz eines als selbständiger Handelsvertreter tätigen Finanzberaters kann die Interessen der bereits beschäftigten Arbeitnehmer einer Bank dadurch berühren, daß jener wie die festangestellten Kundenberater Produkte der Bank und ihrer Konzernunternehmen vertreibt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der selbständige Finanzberater auf Provisionsbasis vergütet wird, deshalb möglichst viele Vertragsabschlüsse anstrebt und somit im Tätigkeitsbereich des festangestellten Kundenberaters in unmittelbare Konkurrenz zu diesem tritt. Hierdurch verändert sich auch der Tätigkeitsbereich des festangestellten Kundenberaters, letztlich ganz entfallen kann.
4. Für die Eingliederung von Außendienstmitarbeitern wie den Finanzberatern kommt es nicht darauf an, ob sie hinsichtlich Zeit und Ort ihrer Tätigkeit Weisungen unterliegen. Entscheidend muß darauf abgestellt werden, ob sie innerhalb des arbeitstechnischen Betriebszwecks tätig werden und für Planung, Koordination und Durchführung ihrer Aufgaben auf die regelmäßige und direkte Zusammenarbeit mit den festangestellten Arbeitnehmern angewiesen sind, so daß sie faktisch auch hinsichtlich Zeit und Ort ihrer Tätigkeit nicht frei sind.
Orientierungssatz
Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 1 ABR 3/94.
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Entscheidung vom 16.04.1993; Aktenzeichen 5 BV 34/92) |
Nachgehend
Fundstellen
AiB 1994, 314-315 (ST1) |
Bibliothek, BAG (T) |
LAGE § 99 BetrVG 1972, Nr 46 (ST1) |
Mitbestimmung 1994, Nr 3, 64 (S1-4) |