Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert, Vergleichswert, Stufenklage
Leitsatz (amtlich)
1. Der Wert einer Stufenklage (hier: 1. Abrechnung, 2. Zahlung) ist ggfls. nach dem Verfahrensstand gestaffelt festzusetzen.
2. Einigen sich die Parteien dahingehend, dass die beklagte Partei Abrechnung erteilt und damit der Rechtsstreit erledigt ist, so führt dies nicht zu einer Festsetzung des Vergleichswerts auf den Höchstwert (d. i. der des Zahlungsanspruchs).
Normenkette
GKG § 18; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.06.2001; Aktenzeichen 7 Ca 972/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts S. und der Rechtsanwältin W. wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.06.2001 teilweise abgeändert. Der Streitwert wird anderweitig wie folgt festgesetzt:
- für (die gerichtliche Verfahrensgebühr und) die anwaltliche Prozessgebühr auf 37.500,00 DM,
- für die Verhandlungsgebühr (Erörterungsgebühr) auf 10.000,00 DM,
- für den Vergleich auf 14.500,00 DM.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
A.
Der Kläger hatte in der Klageschrift folgende Anträge angekündigt:
- Die Beklagte wird verurteilt, die von ihm im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2000 verdiente Provision abzurechnen.
- Die Beklagte wird verurteilt, die sich aus der Abrechnung ergebene Provision an ihn zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, ihm auf Firmenpapier ein Zwischenzeugnis mit (ausformulierten) Inhalt zu erteilen.
Zu dem Provisionsanspruch hatte er ausgeführt: Nach dem Arbeitsvertrag habe er einen Anspruch auf Zahlung einer Außendienstprovision. Er habe einen Umsatz von über 2 Mio. DM erreicht. Daraus müsste etwa ein Provisionsanspruch von 35.000,00 DM resultieren.
In der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
1. Die Beklagte wird unter dem 31.03.2001 dem Kläger eine Provisionsabrechnung erteilen.
2. Das (zwischenzeitlich erteilte) Zwischenzeugnis wird die Beklagte wie folgt ändern: …
…
3. Der Kläger wird … die in seinem Besitz befindlichen Kundenakten … überreichen …
4. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für das Verfahren auf 13.500,00 DM festgesetzt (Antrag 1: 7.500,00 DM, Antrag 2: 500,00 DM, Antrag 3: 7.500,00 DM = 1 Monatseinkommen), für den Vergleich auf zusätzlich 4.000,00 DM (für die Regelung in Ziff. 3 des Vergleichs).
Mit der Beschwerde erstreben die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren auf 42.500,00 DM (Erhöhung des Wertes für die Klageanträge 1 und 2 auf insgesamt 35.000,00 DM), für den Vergleich auf 46.500,00 DM.
B.
Die zulässige Beschwerde (§§ 25 Abs. 3 GKG, 9 Abs. 2 BRAGO) ist teilweise erfolgreich.
Die Klageanträge 1 und 2 stehen in einem Stufenverhältnis. Bei der gegebenen Konstellation bedurfte es der Festsetzung von Stufenstreitwerten (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rdn. 4236).
1. Für die (hier wegen des Vergleichsabschlusses entfallene; siehe Anlage 1 ArbGG, Gebührentatbestand Nr. 9112) gerichtliche Verfahrensgebühr und die anwaltliche Prozessgebühr war der Streitwert bezogen auf die Stufenklage (Anträge 1 und 2) auf den nach § 18 GKG höchsten Wert festzusetzen. Denn durch die Erhebung der Stufenklage wurden sämtliche Ansprüche (hier: Abrechnungsanspruch und Zahlungsanspruch) anhängig (a. a. O., Rdn. 4233 mit Rechtsprechungsnachweisen). Der werthöchste Anspruch ist stets der Leistungsanspruch (a. a. O., Rdn. 4253). Dabei ist auf die Erwartungen des Klägers zu Beginn der Instanz abzustellen (a. a. O., Rdn. 4256 m. w. N.). Hier hat der Kläger bereits in der Klageschrift die erwarteten Zahlungen mit ca. 35.000,00 DM angegeben. Dieser Wert war also zugrunde zu legen.
Für den Verfahrenswert hinzuzurechnen ist der Wert des Antrags zu 3 (Zwischenzeugnis).
Einen Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses bewertet die Beschwerdekammer in ständiger Rechtsprechung (zuletzt: Beschluss vom 02.11.2000 – 7 Ta 321/00 –) mit 1/3 eines Monatseinkommens (wegen der in dieser Frage verschiedenen Ansichten siehe GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdn. 190).
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass das Gericht im Streitwertverfahren an Anträge der Parteien und Prozessbevollmächtigten nicht gebunden ist und dass für das Beschwerdeverfahren der Grundsatz der reformatio in peius keine Anwendung findet. Dies folgt aus § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG, nach dem die gesetzliche Möglichkeit der Abänderung von Amts wegen besteht. Das Gericht hat vielmehr, weil auch die Interessen der sonstigen Beteiligten zu berücksichtigen sind, den objektiv richtigen Wert festzustellen (st. Rspr. der Beschwerdekammer; zuletzt: Beschlüsse vom 18.09.2000 – 7 Ta 364/00 – und 02.11.2000 – 7 Ta 370/00 –; vgl. Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, 8. Aufl., § 97 B XII b Seite 499 m. w. N.)). Nach alledem ergibt sich einVerfahrenswert von 37.500,00 DM.
2. DieVerhandlungsgebühr (Erörterungsgebühr) richtet...