Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Eine Betriebsvereinbarung begründet nicht deshalb, weil sie sich über die Verteilung eines jährlich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Gehaltserhöhungsbudgets verhält, die Verpflichtung des Arbeitgebers, nach § 315 BGB ein solches Gehaltserhöhungsbudget festzulegen.
Normenkette
BetrVG §§ 77, 87 Abs. 1 Nr. 10; BGB § 317
Verfahrensgang
ArbG Essen (Beschluss vom 31.05.2001; Aktenzeichen 7 BV 7/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen desBeschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 31.05.2001 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der antragstellende Betriebsrat aufgrund einer Betriebsvereinbarung von der Arbeitgeberin verlangen kann, dass diese für die AT-Mitarbeiter ein Gehaltserhöhungsbudget von 3 % ab dem 01.01.2000 festlegt.
Die Arbeitgeberin befasst sich mit der weltweiten Aufsuchung und Gewinnung von Erdöl und Erdgas (sog. „Upstream-Geschäft”). Sie ist mit ihrer Konzernobergesellschaft, der V. Öl AG, durch einen Ergebnisabführungsvertrag verbunden.
Nach der „Gewinn- und Verlustrechnung 1999” (Bl. 135 d. A.) erzielte die Arbeitgeberin als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einen Verlust von über 55 Mio. DM. Die GuV-Rechnung enthält Rückstellungen für Restrukturierungsmaßnahmen in Höhe von 85,1 Mio. DM. Aufgrund steuerlicher Nutzung ihrer Verluste durch die Konzernobergesellschaft wurde der Arbeitgeberin konzernintern eine Steuergutschrift von ca. 147 Millionen DM erteilt, so dass die GuV-Rechnung einen Jahresüberschuss vor Gewinnabführung in Höhe von ca. 137 Mio. DM ausweist.
Im Jahre 2000 führt die Arbeitgeberin die Restrukturierungsmaßnahmen durch, die – begleitet von einem Sozialplan – zu einem Personalabbau der ca. 240/250 Mitarbeiter, davon ca. 220 AT-Angestellte, auf derzeit 35 Mitarbeiter führte. Die in Höhe von 85,1 Mio. DM gebildete Rückstellung wurde im Jahre 2000 mit 12,1 Mio. DM in Anspruch genommen. Im Herbst 2000 veräußerte die Arbeitgeberin ihr Bürogebäude in E. zu einem Preis von ca. 35 Mio. DM.
Ende 1999 beschloss die Arbeitgeberin, ein Budget für die Erhöhung der AT-Gehälter zum 01.01.2000 nicht zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat widersetzte sich der Entscheidung und verlangte unter Hinweis auf eine am 05.09.1995 zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin, der Firma D., geschlossene Betriebsvereinbarung über das Gehaltssystem für Mitarbeiter mit außertariflichem Dienstvertrag (nachfolgend: BV-Gehaltssystem-AT-1995) die Beratung nach Ziff. 3.1 Abs. 2 Satz 4. Hiermit unterlag er vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Beschluss der 8. Kammer vom 30.01.2001, Geschäftsnummer 8 TaBV 83/00, Bf. 227 ff.). Er verlangt mit dem vorliegenden Antrag die Festlegung eines Gehaltserhöhungsbudgets von 3 %.
Die BV-Gehaltssystem-AT-1995 bestimmt, soweit hiervon Interesse, folgendes:
„3. Gehaltsüberprüfung
3.1 Die Gehaltsüberprüfung findet jährlich zum 01. Januar statt.
Die Geschäftsführung legt das Gehaltsbudget fest, das die allgemeine Gehaltserhöhung und das Leistungselement enthält. Dabei berücksichtigt sie die wirtschaftliche Lage der D. sowie die nationale bzw. branchenspezifische prozentuale Gehaltsentwicklung. Hierzu gehören sowohl die Gehaltsentwicklung für die AT-Mitarbeiter als auch die jeweiligen Tarifabschlüsse in der Branche. Zuvor beraten Geschäftsführung und Betriebsrat über das Verhältnis von allgemeiner Gehaltserhöhung und Leistungselement.”
Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass Ziff. 3.1 der Betriebsvereinbarung die Arbeitgeberin verpflichte, nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) das jährliche Gehaltserhöhungsbudget festzusetzen. Ihre Entscheidung, für das Jahr 2000 keine Gehaltserhöhung vorzunehmen, sei angesichts des in der GuV-Rechnung 1999 ausgewiesenen Jahresüberschusses unbillig. Zudem sei die für die Restrukturierung gebildete Rückstellung überdimensioniert gewesen. Daher hätte Ende 1999 eine günstige Prognose der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens gestellt werden müssen, zumal ein Erlös aus der beabsichtigten Veräußerung des Bürogebäudes zu erwarten gewesen sei. Entsprechend der allgemeinen und branchenspezifischen Gehaltsentwicklung im Jahr 1999 hätte die Arbeitgeberin das Gehaltserhöhungsbudget zum 01.01.2000 um 3 % erhöhen müssen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, das Gehaltserhöhungsbudget gem. Ziff. 3.1 der Betriebsvereinbarung vom 05.09.1995 betreffend das Gehaltssystem der außertariflichen Mitarbeiter ab dem 01.01.2000 auf 3 % der Gesamtheit der 1999 den AT-Angestellten bei der Arbeitgeberin gezahlten Gehälter festzulegen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die BV-Gehaltssystem-AT-1995 sie nicht verpflichte, ein jährliches Gehaltserhöhungsbudget zur Verfügung zu stellen, und im Übrigen die ende 1999 gestellte Pr...