Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen der Nichterfüllung auf die Bundesagentur für Arbeit gem. § 115 SGB X übergegangener Lohnansprüche
Leitsatz (amtlich)
1) Der Arbeitgeber, der auf die Bundesagentur nach § 115 SGB X übergegangene Lohnansprüche nicht erfüllt, behält nicht Teile des dem Arbeitnehmer zustehenden Entgeltes im Sinne des § 266 a Abs. 3 StGB ein. Er erfüllt damit nur eine eigene gegenüber der Bundesagentur bestehende Pflicht nicht.
2) Wird der Bescheid über die Bewilligung vom Arbeitslosengeld nachträglich wieder aufgehoben, entfällt der ursprünglich eingetretene gesetzliche Anspruchsübergang nach § 115 SGB X nicht "automatisch". Es ist eine Rückabtretung erforderlich.
Normenkette
SGB X § 115; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266a Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Entscheidung vom 25.11.2015; Aktenzeichen 3 Ca 804/15) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.11.2015, AZ 3 Ca 804/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Vergütungsansprüchen.
Der Beklagte betreibt eine Hausverwaltung.
Der Kläger ist Immobilienkaufmann und war vom 03.08. bis zum 30.11.2009 bei dem Beklagten beschäftigt.
Der Beklagte ging zunächst davon aus, dass zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestand, und zahlte an den Kläger keine Vergütung. Der Kläger erhielt Arbeitslosengeld I von der Bundesagentur für Arbeit. Er erhob Zahlungsklage gegen den Beklagten. Das Arbeitsgericht Krefeld verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 11.05.2010 zu dem Aktenzeichen 4 Ca 3147/09 (Bl. 5 d.A.) zur Zahlung von Vergütung für August, September und Oktober 2009 in Höhe von insgesamt 4.522,73 € brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 1.474,55 € netto (August 2009: 2.000,00 € brutto abzüglich übergegangener 126,39 € netto, September 2009: 892,05 € brutto abzüglich übergegangener 379,17 € netto, Oktober 2009: 1.630,68 € brutto abzüglich übergegangener 968,99 € netto).
Der Beklagte zahlte dem Kläger entsprechend dem arbeitsgerichtlichen Urteil vom 11.05.2010 die Vergütung für die Monate August, September und Oktober abzüglich des auf die Bundesagentur übergegangenen Teils der Vergütung. Er erteilte dem Kläger am 10.06.2010 jeweils Entgeltabrechnungen für die drei Monate August (Bl. 13 d.A.), September (Bl. 14 d.A.) und Oktober 2009 (Bl. 15 d.A.). In den Abrechnungen sind die nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Beträge gesondert ausgewiesen (August 2009: 126,39 € netto, September 2009: 379,17 € netto, Oktober 2009: 968,99 € netto, insgesamt 1.474,55€). Eine Auszahlung dieser Beträge an die Bundesagentur für Arbeit erfolgte jedoch nicht.
Die Bundesagentur für Arbeit forderte den Beklagten im Jahr 2014 zur Zahlung auf. Der Beklagte berief sich mit Schreiben vom 23.10.2014 (Bl. 18 d.A.) gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auf Verjährung.
Die Bundesagentur für Arbeit hob mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.11.2014 (Bl. 16 d.A.) die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den Kläger für die Zeit vom 01.08. bis zum 31.10.2009 auf und bestimmte, dass der Kläger ihr für diesen Zeitraum 1.600,94 € Arbeitslosengeld erstatten müsse. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Kläger wies die Bundesagentur für Arbeit mit Widerspruchsbescheid vom 20.02.2015 (Bl. 21 d.A.) zurück. Der Kläger zahlt an die Bundesagentur für Arbeit am 27.02.2015 die festgesetzten 1.600,94 € (Kontoauszug auf Bl. 26 d.A.).
Der Kläger machte mit Schreiben vom 26.02.2015 (Bl. 27 d.A.) bei dem Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB in Höhe von 1.474,55 € netto geltend. Er begründete den Anspruch damit, dass der Beklagte diesen Betrag gemäß den Abrechnungen Augst bis Oktober 2009 einbehalten, aber, ohne ihn zu benachrichtigen, nicht an die Bundesagentur für Arbeit abgeführt habe. Der Kläger setzte dem Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 10.03.2015. Diese Frist ließ der Beklagte ergebnislos verstreichen.
Mit seiner am 11.05.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 26.05.2015 zugestellten Klage verfolgt der Kläger seine behaupteten Ansprüche weiter.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihm stünde gegen den Beklagten ein Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266a Abs. 3 StGB zu. Der Beklagte habe gegen § 266a Abs. 3 StGB verstoßen, weil er die auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Beträge zwar in den Abrechnungen ausgewiesen und vom an ihn zu zahlenden Betrag abgezogen habe. Gleichwohl habe er die Abführung unterlassen, ohne ihn zu benachrichtigen. Der Anspruch in Höhe von 1.474,55 € sei auch nicht verjährt. Jedenfalls aber sei es dem Beklagten aus dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung verwehrt, sich auf Verjährung zu berufen. Er habe darauf vertraut und auch darauf vertrauen dü...