Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der „regelmäßigen Arbeitszeit” i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Parteien im Arbeitsvertrag einen Monatslohn inklusive Überstundenpauschale – Berechnungsgrundlage 33 Überstunden –, so handelt es sich hierbei um die regelmäßige Arbeitszeit i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EGFZ mit der Folge, dass der Arbeitgeber im Falle der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers den Monatslohn nicht auf die für die tarifliche Arbeitszeit geltende Vergütung gem. § 4 Abs. 1 a Satz 1 EFZG reduzieren kann.
Normenkette
EFZG § 4 Abs. 1a S. 1
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 31.08.2000; Aktenzeichen 1 Ca 1841/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 31.08.2000 – 1 Ca 1841/00 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: 1.296,45 DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Höhe der Entgeltfortzahlung während der 6-wöchigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers.
Die Beklagte betreibt eine Spedition mit 100 Mitarbeitern, davon 75 Fahrer bei 70 Fahrzeugen.
Der am 19.07.1952 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist in der Zeit vom 01.07.1993 bis zum 31.01.2001 bei der Beklagten als Kraftfahrer tätig gewesen, und zwar aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.07.1993 (Bl. 4 ff d. A.).
Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
„2. VERTRAGSGRUNDLAGEN
Soweit dieser Arbeitsvertrag nicht anderes bestimmt, finden folgende Tarifverträge nach ihrem Geltungsbereich in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung:
- regionale Mantel-, Lohn- und sonstige Tarifverträge für Güternahverkehr.
5. TÄTIGKEITEN
Der Mitarbeiter wird als Kraftfahrer eingestellt. Sein Aufgabenbereich umfasst auch alle Nebentätigkeiten einschließlich der Fahrzeugpflege. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, vorübergehend auch andere Tätigkeiten auszuüben.
6. ARBEITSZEIT
Für die Arbeitszeit sind die tariflichen Bestimmungen maßgebend.
Der Mitarbeiter hat die Sozialvorschriften im Straßenverkehr einzuhalten.
Der Mitarbeiter verpflichtet sich zur Leistung von Mehrarbeit, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie der zulässigen Schichtzeiten im Rahmen der tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen.
7. ARBEITSENTGELT
a) Der Wochenlohn/Monatslohn beträgt incl. Überstunden Berechnungsgrundlage 33 Überstunden pauschale |
–3.480,00 DM brutto |
b) Der tarifliche Stundenlohn beträgt |
DM brutto |
c) Freiwillige übertarifliche Zulage |
DM brutto |
d) Sonstiges pro Arbeitstag werden DM 8,00 |
DM brutto |
steuerfreie Tarifspesen gezahlt |
|
Insgesamt |
DM brutto |
Mit dem vereinbarten Wochenlohn/Monatslohn ist die geleistete Arbeitszeit – einschließlich etwaiger Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschläge – abgegolten. Eine im Stunden-, Wochen-, Monatslohn enthaltene freiwillige übertarifliche Zulage ist widerruflich. Sie kann bei Tariflohnerhöhungen angerechnet werden.”
Im Falle der Lohnfortzahlung bzw. Entgeltfortzahlung zahlte die Beklagte bisher auf der Grundlage des nach Ziff. 7 des Arbeitsvertrages vereinbarten Monatslohns von 3.480,– DM brutto, der inzwischen auf 3.811,– DM brutto angehoben worden war.
Mit Schreiben vom 28.04.1999 (Bl. 10 d. A.) teilte die Beklagte allen Mitarbeitern Folgendes mit:
„Betr.: Lohnfortzahlung
Ich bin nicht mehr gewillt, im Krankheitsfall den vollen Lohn zu zahlen, da eine übertarifliche Entlohnung besteht, in der 33 Überstunden eingerechnet sind.
In Zukunft wird im Krankheitsfall, diese eingerechneten Überstunden nicht mehr vergütet.”
Seit dem 03.05.2000 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte über den 14.06.2000 hinaus.
Die Beklagte zahlte an Gehalt und Entgeltfortzahlung für den Monat Mai unter Berufung darauf, dass die vertraglich vereinbarten Überstunden herauszurechnen seien, insgesamt 2.915,66 DM brutto. Den Differenzbetrag in Höhe von 895,34 DM brutto hat der Kläger für den Monat Mai 2000 mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Darüber hinaus hat der Kläger für den Monat Juni für 10 Arbeits- bzw. Feiertage bei Zugrundelegung eines arbeitstäglichen Verdienstes von 173,23 DM (3.811,– DM ./. 22 Arbeitstage) einen Betrag von 1.732,27 DM brutto abzüglich der gezahlten 1.157,94 DM brutto geltend gemacht, das heißt von 574,33 DM brutto.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten:
Bei einer pauschalen Überstundenvereinbarung könnten die Überstunden nicht herausgerechnet werden. Auch die Mitteilung vom 28.04.1999, wonach die Beklagte nicht mehr gewillt sei, im Krankheitsfall den vollen Lohn zu zahlen, stehe dem Anspruch nicht entgegen, da eine Vertragsänderung allenfalls durch eine Änderungskündigung hätte bewirkt werden können.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Mai 2000 einen restlichen Bruttolohn in Höhe von 895,34 DM nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag sei dem 20.07.2000 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Juni 2000 einen restlichen Brutto...