Entscheidungsstichwort (Thema)
Abberufung eines GmbH-Mitgeschäftsführers, der vor dem Arbeitnehmer war
Leitsatz (amtlich)
1. Kann denn ein Geschäftsführer Arbeitnehmer sein?
2. Darf er es denn wieder sein, wenn er es einmal war und man den Arbeitsvertrag vergaß vor Glück?
1) Abweichung von BAG, Urteil vom 26.05.1999, AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG
2) Vgl. BAG, Urteil vom 08.06.2000, AP Nr. 49 zu § 5 ArbGG 1979.
Normenkette
BGB § 611; ArbGG § 5 Abs. 1; GmbHG §§ 35, 38
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 26.10.2000; Aktenzeichen 4 Ca 2293/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 26.10.2000 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers und sein Auflösungsantrag werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Kündigungsschutzklage und eines Auflösungsantrages darüber, ob der Kläger als Geschäftsführer in einem Arbeitsverhältnis oder freien Dienstverhältnis zur Beklagten stand. Hilfsweise begehrt der Kläger die Fortsetzung des vor der Geschäftsführertätigkeit bestandenen Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte befasst sich in ihrem Betrieb in D. mit der Herstellung von Kleinkläranlagen, Abscheidern und Regenwasserzisternen. Sie beschäftigt zur Zeit 66 Mitarbeiter. Die Beklagte ist aus einer im Jahre 1995 erfolgten Umwandlung der R. R. GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaftsanteile lagen bei der Familie H.. Kaufmännischer Geschäftsführer war Herr K.-H. H., technischer Geschäftsführer Herr R..
Gemäß Anstellungsvertrag vom 10.12.1988 (Bl. 9 f. GA) trat der Kläger im Juli 1989 als „Assistent der technischen Geschäftsführung” in die Dienste der Beklagten. Später wurde ihm – dem technischen Geschäftsführer, der gleichzeitig die Abteilung „Produktion und Betrieb” (ca. 50 Mitarbeiter) leitete, unmittelbar unterstellt – die Position „Technischer Leiter” sowie die Leitung der Abteilung „Entwicklung und Anwendungstechnik” (ca. drei bis vier Mitarbeiter) übertragen. Ende März 1997 ging der technische Geschäftsführer R. nach längeren Krankheitszeiten in den Ruhestand. Für die Leitung der Abteilung „Produktion und Betrieb” wurde Herr J. eingestellt. Die Beklagte trug dem Kläger die Nachfolge von Herrn R. in der Position des technischen Geschäftsführers an, woraufhin die Parteien am 01.04.1997 mit Wirkung vom selben Tag einen Vertrag mit folgendem Inhalt schlossen:
- „Herr G. wird als techn. Geschäftsführer für die R. tätig sein.
- Das Anfangsgehalt beträgt DM 13.200,– brutto. Die Jahressondervergütung wird von Jahr zu Jahr neu festgelegt und beträgt mindestens 1 Monatsgehalt.
- Herrn G. wird ein Geschäftswagen der oberen Mittelklasse zur Verfügung gestellt. Für die private Nutzung müssen die entsprechenden Steuerbelastungen von ihm getragen werden. Im Frühjahr 1998 wird ein neues Fahrzeug zur Verfügung gestellt.
- Im übrigen gelten die Punkte 7 – 10 des am 10. Dezember 1998 zwischen den Parteien geschlossenen Anstellungsvertrages.”
Der Kläger behielt die Leitung der Abteilung „Entwicklung und Anwendungstechnik”, während die von ihm innegehaltene Position des „Technischen Leiters” entfiel. Die Bestellung des Klägers zum (Mit-)Geschäftsführer wurde im Juli 1997 im Handelsregister eingetragen.
Im Jahre 1997 veräußerte die Firma H. ihre Gesellschaftsanteile an die Firma D. GmbH (zu 90 %) und an Herrn H. B. (zu 10 %). Im selben Jahr wurde Herr B. anstelle der ausgeschiedenen Mitgeschäftsführer K.-H. H. und D. H. zum Geschäftsführer bestellt und ihm die kaufmännische Geschäftsführung übertragen.
Aufgrund Gesellschafterbeschlusses der Beklagten wurden im November 1997 die Abteilungen „Produktion und Betrieb” sowie „Qualitätswesen” (1 Beschäftigter) Herrn B. unterstellt.
Im Juni 2000 beschlossen die Gesellschafter der Beklagten den Widerruf der Bestellung des Klägers als Geschäftsführer zum 31.12.2000 und die Kündigung des Dienstvertrages zum selben Termin. Am 27.06.2000 wurde gegenüber dem Kläger die Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages vom 01.04.1997 zum 31.12.2000 ausgesprochen. Seither ist die Position des technischen Geschäftsführers entfallen. Herr B. leitet auch die Abteilung „Entwicklung und Anwendungstechnik”.
Mit der am 17.07.2000 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach eingereichten Klage hat der Kläger beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 27.06.2000 zum 31.12.2000 aufgelöst wird,
- hilfsweise festzustellen, dass das bis zum 31.03.1997 bestehende und während seiner Geschäftsführertätigkeit ruhende Arbeitsverhältnis mit der Abberufung als Geschäftsführer ab 01.01.2001 wieder fortgesetzt wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 26.10.2000 hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage (Antrag zu 1) abgewiesen und der Feststellungsklage (Antrag zu 2) stattgegeben. Gegen das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Stre...