Entscheidungsstichwort (Thema)

Teil-Betriebsübergang. Zuordnung von Arbeitsverhältnissen

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 613 a BGB geht von einer Zuordnung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Betrieb oder Betriebsteil aus.

2. Ergeben sich Überschneidungen dadurch, daß sich der Tätigkeitsbereich eines Arbeitnehmers mehreren Betriebsteilen zuordnen läßt, ist die Zuordnung danach vorzunehmen, für welchen Betriebsteil der Arbeitnehmer vor dem Teilbetriebsübergang überwiegend tätig war (im Anschluß an BAG vom 20.7.1982, 3 AZR 261/83, AP Nr. 31 zu § 613 a BGB).

3. Dies gilt gleichermaßen, wenn ein Arbeitnehmer in einer Abteilung Arbeiten sowohl für einen übergegangenen als auch einen nicht übergegangenen Geschäftsbereich erledigt hat. Ergibt sich auch insoweit eine überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers für den einen oder den anderen Bereich, ist die Zuordnung nach denselben Grundsätzen vorzunehmen.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 01.02.1995; Aktenzeichen 3 Ca 2040/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.11.1997; Aktenzeichen 8 AZR 52/96)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 01.02.1995 – 3 Ca 2040/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Streitwert: unverändert.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung sowie darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers zuvor durch Betriebsübergang (§ 613 a BGB) auf die Beklagte übergegangen ist.

Der am 18.02.1956 geborene Kläger war seit November 1977 bei einer Firma M. V. GmbH & Co. KG (im folgenden: Firma M.) beschäftigt. Die Firma M. betätigte sich ursprünglich in den Geschäftsbereichen Automobilzubehör und Fahrradzubehör. Im Jahre 1990 übernahm sie eine Firma „A”, die in dem Geschäftsbereich Sport- und Freizeitartikel tätig war. Die Gesamtumsätze der Firma M. entfielen im Anschluß an diese Übernahme zu etwa 65 % auf den Geschäftsbereich Automobilzubehör und jeweils zu etwa 17,5 % auf die zwei weiteren Bereiche Fahrradzubehör und Sport-/Freizeitartikel. Der Vertrieb der Sport- und Freizeitartikel erfolgte von der Firma M. weiterhin unter dem Firmennamen „A”.

Der Kläger war bei der Firma M. Leiter der Verpackungsabteilung. In dieser Abteilung erfolgte die Verpackung der Waren für alle drei Geschäftsbereiche. Die Verpackungsabteilung mit seinerzeit etwa 18 Arbeitnehmern und 10 Verpackungsmaschinen befand sich am Firmensitz der Firma M. in S. K. Straße.

Daneben hatte die Firma M. ein Auslieferungslager in S. D.F..

Spätestens Ende 1993 geriet die Firma M. in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mit Datum vom 31.01.1994 schlossen sie und die ihr angeschlossenen Gesellschaften mit der Beklagten einen sogenannten „Aktivitäten-Kaufvertrag” (Bl. 45–64 d.A.) mit Wirkung zum 01.02.1994. In Abschnitt I Ziffer 1.1 (Vertragsgegenstand) des Vertrages heißt es:

„Die Gesellschaften übertragen … ihr Anlagevermögen, ihre Vorräte, ihren Kundenstamm, ihre Kundenverträge, ihre Warenzeichen und ihren Vertriebsaußendienst auf S., soweit diese Vertragsgegenstände dem Geschäftsbereich Autopflegemittel und Auto- und Fahrradzubehör zuzuordnen sind.

Darüber hinaus geht der Bereich Lager D. F. einschließlich der Preisauszeichnung, jedoch ausschließlich des Verpackungsbetriebes im Lager K. Straße, über … Der Geschäftsbereich Sport- und Freizeitartikel („A”) sowie die sonstigen Abteilungen aus dem Geschäftsbereich Autopflegemittel und Auto- und Fahrradzubehör verbleiben vollständig bei den Gesellschaften und werden nicht übertragen.”

In einer Anlage zu Abschnitt I, Ziffer 6.1 des Vertrages (Bl. 50, 182 d.A.) wurden 78 Arbeitnehmer namentlich aufgeführt, die von der Beklagten zu übernehmen waren. Der Name des Klägers befindet sich nicht auf der Liste.

Ebenfalls am 31.01.1994 schloß die Firma M. mit einer Firma I. U. GmbH, einer Tochtergesellschaft der Beklagten, unter Bezugnahme auf den Aktivitäten-Kaufvertrag zusätzlich einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Darin verpflichtete sich die Firma M., ab dem Stichtag (01.02.1994) näher bezeichnete Dienstleistungen für I. U. zu erbringen, um erklärtermaßen „eine reibungslose Integration der übergehenden Vertriebsorganisation in die S. Struktur zu gewährleisten”. Zu den Dienstleistungen zählten unter anderem die Einkaufsabwicklung, die Auftragsabwicklung, das Rechnungswesen, die Personalverwaltung und die Verpackung (Bl. 14 d.A.). Für die Erbringung der Leistungen war eine Kostenerstattung an die Firma M. vorgesehen, für die I. U. ein bestimmtes Budget zur Verfügung stellte (Bl. 15 d.A.). Eine Vergütung sollte nicht erfolgen. Ziffern 4 und 7 des Vertrages enthalten näher bezeichnete Weisungsbefugnisse „von S.” und Maßnahmen bei Personalabgängen. Auf die Einzelheiten des Vertragswerks (Bl. 13–18 d.A.) wird Bezug genommen. Im weiteren Verlauf vereinbarten die Vertragsparteien eine einvernehmliche Aufhebung des Geschäftsbesorgungsvertrags zum 31.03.1994.

Ab Mitte März 1994 erfolgte der Einsatz des Klägers in dem von der Bekla...

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