Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im Sinne einer Gleichstellungsabrede
Orientierungssatz
Der Zweck von individualvertraglichen Verweisungen auf die für den Betrieb fachlich und räumlich relevanten Tarifverträge besteht in der Herbeiführung einer Gleichbehandlung von nicht einschlägig organisierten und unmittelbar tarifgebundenen Arbeitnehmern. Die Kammer schließt sich mit dieser Auffassung der herrschenden Ansicht an, die eine einzelvertragliche Bezugnahmeklausel wie die hier auszulegende als Gleichstellungsabrede bezeichnet, die nur das wiedergeben soll, was für die unmittelbar tarifgebundenen Arbeitnehmer ohnehin tariflich gilt.
2. Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 5 AZR 524/00.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 02.02.2000; Aktenzeichen 19 Ca 228/99) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Februar 2000 – 19 Ca 228/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine höhere Vergütung gemäß Tariflohnerhöhung zu zahlen, insbesondere darüber, ob die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel im Sinne einer Gleichstellungsabrede auszulegen ist, so daß sie nach dem Verbandsaustritt der Beklagten schuldrechtlich leerläuft.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Metallindustrie, seit März 1964 beschäftigt, zunächst als gewerblicher Arbeitnehmer, seit 1968 im Angestelltenverhältnis. Auf den Arbeitsvertrag vom 22. Januar 1968 wird Bezug genommen (Bl. 4–5 d. A.).
In der Vergangenheit erfolgte die Vergütung des nicht tarifgebundenen Klägers nach dem Manteltarifvertrag für die Angestellten der Metallindustrie in Hamburg, im Arbeitsvertrag vom 22. Januar 1968 heißt es dazu:
Dem Arbeitsverhältnis liegt der jeweils gültige Manteltarifvertrag für Angestellte der Metallindustrie Hamburg, einschließlich der hierzu ergangenen Zusatzabkommen zugrunde.
Die Beklagte war seit dem 24. September 1956 Mitglied im Arbeitgeberverband Nord-Metall, aus dem sie zum 30. Juni 1998 austrat.
Mit Wirkung ab 1. Januar 1999 trat ein neuer Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung in Kraft. Mit seiner Klage macht der Kläger die darin vorgesehene Einmalzahlung sowie die lineare Taifgehaltserhöhung (beschränkt auf März 1999) geltend. Der Kläger stützt seinen Klageanspruch auf die zuvor zitierte vertragliche Bezugnahmeklausel. Daß sie eine dynamische Verweisung enthält, wird von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 1.473,73 nebst 4% Zinsen seit dem 28. Mai 1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung hat die Bezugnahmeklausel lediglich die Funktion einer Gleichstellungsabrede. Ihr Zweck erschöpfe sich darin, nicht tarifgebundene Arbeitnehmer wie den Kläger den tarifgebundenen gleichzustellen. Im übrigen wäre ihrer Meinung nach auf den Klageanspruch zumindest eine (unstreitig) im Mai 1999 erfolgte Sonderzahlung anzurechnen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 2. Februar 2000 die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat dazu im wesentlichen ausgeführt: Einzelvertragliche Bezugnahmeklauseln spiegelten nur das wider, was tariflich gelte. Sie ersetzten die fehlende Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der zuständigen Gewerkschaft. Sie stellten ihn so, als ob er tarifgebunden wäre. Das Arbeitsgericht beruft sich für seine Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 4. August 1999 (5 AZR 642/98). Es weist im übrigen darauf hin, daß der Arbeitsvertrag keinerlei Anhaltspunkte dafür enthalte, daß die Vertragsparteien einen über die Gleichstellung mit den tarifgebundenen Arbeitnehmern hinausgehenden Regelungswillen gehabt hätten.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch vollen Umfangs weiter. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag, den erweitert und vertieft. Er ist der Auffassung, daß mit ihm ausweislich seines Arbeitsvertrags die Anwendbarkeit des einschlägigen Tarifvertrags vereinbart worden sei und daß er sich deshalb mit Erfolg auf den ausdrücklichen und unmißverständlichen Wortlaut des Vertragstextes berufen können müsse. Auf die Berufungsbegründung wird ergänzend Bezug genommen (Bl. 123–133 d. A.).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 2. Februar 2000 – 19 Ca 228/99 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 1.473,11 nebst 4% Zinsen seit dem 28. Mai 1999 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Auf die Berufungsbeantwortung wird verwiesen (Bl. …).
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist an sich statthaft und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und – nach Fristverlängerung – begründet worden ist, auch im übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Kläger kann seinen Klageanspruch ni...