Entscheidungsstichwort (Thema)
Günstigkeitsvergleich zwischen vertraglicher und gesetzlicher Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Haben die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag neben der Kündigungsfrist von 3 Monaten das Quartal als Kündigungstermin vereinbart und handelt es sich dabei um eine konstitutive Regelung, so ist, wenn sich die gesetzliche Kündigungsfrist auf 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats verlängert, ein abstrakter Günstigkeitsvergleich in der Weise vorzunehmen, dass gefragt wird, welche Regelung für die längere Zeit innerhalb des Kalenderjahres den besseren Schutz bietet.
Normenkette
BGB § 622
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 07.12.1999; Aktenzeichen 10 Ca 214/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Dezember 1999 – 10 Ca 214/99 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch die ordentliche Kündigung der Beklagten mit dem 30. November 1999 oder mit dem 31. Dezember 1999 beendet worden ist.
Der Kläger ist seit 1971 als Konstrukteur bei der Beklagten beschäftigt. In § 17 des Arbeitsvertrages vom 31. August 1973 (Bl. 22 d.A.) heißt es:
„Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsschluss gekündigt werden.
Das Recht der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.
Die Kündigung soll schriftlich erfolgen.”
Mit Schreiben vom 26. April 1999 (Anlage K 1, Bl. 3 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger betriebsbedingt zum 30. November 1999.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch die Kündigung sei das Arbeitsverhältnis erst mit dem 31. Dezember 1999 beendet worden. Er hat vorgetragen: Die Vereinbarung im Anstellungsvertrag sei eindeutig. Zwischen den Parteien bestünden in bezug auf die Kündigung zwei Regelungen. Zum einen sei die Kündigung nur zum jeweiligen Quartalsschluss, also zu vier Terminen im Jahr möglich. Zum anderen sei von den Parteien eine bestimmte Mindest-Kündigungsfrist einzuhalten, die sich entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen für die Beklagte verlängere. Die von der Beklagten vorgenommene Verknüpfung von Kündigungsterminen und Kündigungsfristen würde zu einer für beide Seiten unzumutbaren Rechtsunsicherheit führen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten nicht mit dem 30. November 1999 beendet worden ist, sondern bis zum 31. Dezember 1999 fortbestanden hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die im Anstellungsvertrag getroffene Regelung werde durch die für den Kläger günstigere Regelung des § 622 Abs. 2 BGB verdrängt. Eine Trennung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin und die Anwendung der jeweils günstigeren Alternative sei nicht möglich. Vielmehr gelte diejenige Vorschrift, die eine für den Arbeitnehmer günstigere Gesamtbindungsdauer ergebe.
Mit Urteil vom 7. Dezember 1999 – 10 Ca 214/99 – hat das Arbeitsgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe dem Kläger zum 30. November 1999 kündigen dürfen. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Kündigungsregelung sei wegen Verstoßes gegen § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB unwirksam. Die dadurch entstandene Lücke sei gemäß §§ 133, 157 BGB durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Vorliegend ließen sich aus dem Vortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Parteien, wenn sie sich der Unwirksamkeit ihrer Vereinbarung bewusst gewesen wären, eine Kündigungsfrist hätten vereinbaren wollen, die über die gesetzliche Frist hinausgeht.
Der Kläger hat gegen das ihm am 10. Dezember 1999 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 10. Januar 2000 Berufung eingelegt und seine Berufung sofort begründet.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die im Arbeitsvertrag enthaltene Kündigungsregelung mit Dreimonatsfrist zum Quartalsende nicht nach § 622 BGB unwirksam. Sie sei auch nicht nachträglich durch die seit dem 15. Oktober 1993 gültige Fassung des § 622 BGB unwirksam geworden. Die Neuregelung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 7 BGB habe nur auf die Kündigungsfrist des Arbeitgebers eine Auswirkung gehabt, nicht jedoch auf die Kündigungsfrist des Arbeitnehmers und erst recht nicht auf die vereinbarten Beendigungszeitpunkte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Dezember 1999 – 10 Ca 214/99 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten nicht mit dem 30. November 1999 beendet worden ist, sondern bis zum 31. Dezember 1999 fortbestanden hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil mit weiteren Rechtsausführungen.
Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien und der von...