Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung eines PKH-Gesuchs wegen Nichtvorlage des amtl. Vordrucks

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Ablehnung der Prozeßkostenhilfe nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO wegen mangelnder Mitwirkung des Antragstellers bei der Ermittlung der Bewilligungsvoraussetzungen – hier: Nichtvorlage des amtlichen Vordrucks sowie Nichtbeifügung „entsprechender Belege” – setzt eine wirksame Fristsetzung durch das Arbeitsgericht voraus.

2. Ist der PKH-Antrag vor Ende der Instanz oder des Verfahrens gestellt, werden die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und die „entsprechenden Belege” gemäß § 117 Abs. 2 ZPO aber erst nach Instanz- oder Verfahrensbeendigung eingereicht, kann Prozeßkostenhilfe im allgemeinen nicht mehr bewilligt werden.

3. Etwas anderes kann bei einem sog. „steckengebliebenen” PKH-Gesuch gelten. Von einem solchen wird gesprochen, wenn das PKH-Gesuch rechtzeitig eingegangen, aber vom Gericht vor Instanzbeendigung nicht hat verbeschieden werden können oder infolge nichtordnungsgemäßer Sachbehandlung nicht entschieden worden ist.

4. Nach Eingang eines PKH-Gesuchs darf das Arbeitsgericht nicht bis zur Instanz- oder Verfahrensbeendigung zuwarten und dann den PKH-Antrag wegen Nichtvorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zurückweisen. Es muß den Antragsteller vielmehr so rechtzeitig unter Fristsetzung auf die Mängel des PKH-Gesuchs hinweisen, daß dieser die Chance hat, sie vor der (möglichen) Instanz- oder Verfahrensbeendigung zu beheben.

 

Normenkette

ZPO § 127 Abs. 2, § 118 Abs. 2, § 117 Abs. 2, 4

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 27.06.2002; Aktenzeichen 3 Ca 2153/02)

 

Tenor

Auf die (sofortige) Beschwerde wird der PKH-Ablehnungsbeschluß des Arbeitsgerichts vom 27.06.2002 – 3 Ca 2153/02 – aufgehoben.

Die Prozeßkostenhilfesache wird zur Prüfung einer eventuellen Ratenzahlungsanordnung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I. hat am 04.04.2002 zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts eine Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage erhoben. Mit Schriftsatz vom 05.06.2002, bei dem Arbeitsgericht am 06.06.2002 eingegangen, hat um ratenfreie Prozeßkostenhilfe sowie um Beiordnung von D1xxxxxxx aus D4xxxxxx nachgesucht. Im letzten Absatz des Schriftsatzes ist vermerkt, daß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt sei. Unter der Unterschrift steht folgender Zusatz:

Anlage:

Kopie des Arbeitsvertrages vom 20.12.2001,

Kündigung vom 15.03.2002

Prozeßkostenhilfeunterlagen

In der Hauptakte ist das PKH-Gesuch mit dem Präsentationsvermerk des Urkundsbeamten vom 06.06.2002 abgeheftet: „1 x div. Anl.”. Eine Kopie des PKH-Gesuchs ist im PKH-Beiheft ohne Anlagen abgeheftet. Rechts neben dem letzten Absatz, in welchem die Beifügung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erwähnt ist, steht handschriftlich mit Kugelschreiber in rot geschrieben: „lag nicht bei”.

Im Gütetermin vom 10.06.2002, in dem der Kläger anwesend gewesen ist, haben die Parteien den Rechtsstreit durch Abschluß eine Abfindungsvergleichs gütlich beendet. Mit vom 12.06.2002, bei dem Arbeitsgericht am 13.06.2002 eingegangen, hat der Prozeßbevollmächtigte um Entscheidung des PKH-Antrags aus dem Schriftsatz vom 05.06.2002 nachgesucht. Daraufhin hat das Arbeitsgericht ihm unter dem 17.06.2002 unter anderem mitgeteilt:

Entgegen des dortigen Antrags vom 05.06.2002 lag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht bei.

Das Verfahren ist mittlerweile beendet.

Ein vollständiger Antrag lag bis zur Beendigung des Verfahrens nicht vor, § 117 Abs. 2 ZPO.

Es wird angeregt, den dortigen Antrag zurückzunehmen.

Der Prozeßbevollmächtigte hat mit vom 12.06.2002, bei dem Arbeitsgericht am 13.06.2002 eingegangen, in Kopie eine am 30.05.2002 unterzeichnete Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst sechs Belegen eingereicht.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 27.06.2002 (3 Ca 2153/02) das PKH-Gesuch mit der Begründung zurückgewiesen, habe bis zur Beendigung des Rechtsstreits die gemäß § 117 Abs. 2 ZPO erforderlichen Belege nicht beigebracht.

Gegen den am 11.07.2002 zugestellten Beschluß hat mit vom 12.07.2002, bei dem Arbeitsgericht am 15.07.2002 eingegangen, Beschwerde eingelegt. trägt vor, habe bereits mit der „Klageschrift” die Unterlagen übersandt. Es sei nicht verständlich, warum sie nicht zu den Gerichtsakten gelangt seien. Darüber hinaus seien die Unterlagen in Kopie in der Handakte Prozeßbevollmächtigten vorhanden gewesen, so daß sie bei einem Hinweis des Arbeitsgerichts im Gütetermin zu den Gerichtsakten hätten gereicht werden können.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, es habe zum Zeitpunkt der Beendigung des Verfahrens am 10.06.2002 kein formgültiges PKH-Gesuch vorgelegen. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sei erst am 20.06.2002 zu den Akten gereicht worden.

 

Entscheidungsg...

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