Leitsatz (amtlich)
Der Urlaubsabgeltungsanspurch unterliegt, ebenso wie der Anspruch auf Urlaubsentgelt und der auf Arbeitsentgelt, der Pfändung. Im Rahmen der Pfändungsgrenzen kann der Arbeitgeber auch gegenüber einem Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechnen.
Normenkette
BGB § 611; TVG § 1; BUrlG § 7; BGB § 394; ZPO § 850 ff.
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Urteil vom 06.11.1998; Aktenzeichen 2 Ca 414/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 06.11.1998 – 2 Ca 414/98 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird, beschränkt auf die Frage der Pfändbarkeit der Urlaubsabgeltung, zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer tariflichen Weihnachtsgratifikation.
Die am 01.09.1956 geborene Klägerin ist ledig. Seit dem 01.09.1996 war sie bei der Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.06.1996 (Bl. 5 ff. d. A.) als Vertriebsassistentin zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 4.649,– DM tätig.
In Ziffer 2.1. des Arbeitsvertrages vom 11.06.1996 ist bestimmt, daß das Arbeitsverhältnis „in den Geltungsbereich der tariflichen Bestimmungen” fällt. Nach Ziffer 2.2. des Arbeitsvertrages war ein monatliches Tarifgehalt nach K 3/1 vereinbart.
Ziffer 2.3. des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
„Vergütung/Urlaubs- und Weihnachtsgeld
Die Mitarbeiterin hat Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld entsprechend den tariflichen Bestimmungen.”
Nach Ziffer 4. des Arbeitsvertrages richtete sich der Urlaub der Klägerin „nach dem Manteltarifvertrag für die in den Molkereien und Käsereien im Lande NRW tätigen Arbeitnehmer”
In Ziffer 8.2. des Arbeitsvertrages war vereinbart:
„Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages wurden nicht getroffen. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Ergänzend gelten die jeweils gültigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen.”
Die Klägerin ist nicht Mitglied der Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten. Ob die Beklagte tarifgebunden ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit dem Gehalt für den Monat November 1997 zahlte die Beklagte an die Klägerin ein „Weihnachtsgeld” in Höhe von 4.165,– DM.
Die Klägerin kündigte das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.03.1998. Die Parteien einigten sich anschließend auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.1998.
Mit der Gehaltsabrechnung für Februar 1998 (Bl. 10, 109 d. A.) brachte die Beklagte das an die Klägerin gezahlte Weihnachtsgeld abzüglich eines Betrages von 200,– DM wieder in Abzug. Hiermit erklärte die Klägerin sich nicht einverstanden. Da die Beklagte mit Schreiben vom 18. und 27.02.1998 (Bl. 9, 11 d. A.) eine Auszahlung des einbehaltenen Betrages unter Hinweis auf § 19 Ziffer 4 des Manteltarifvertrages für die Molkereien und Käsereien NRW verweigerte, erhob die Klägerin am 09.03.1998 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis finde das Tarifwerk für Molkereien und Käsereien in NRW keine Anwendung. Insbesondere ergebe sich dies nicht aus den arbeitsvertraglichen Bestimmungen. Die tarifliche Bezugnahme in Ziffer 2.1. und 2.3. des Arbeitsvertrages sei zu unbestimmt. Im übrigen bestimme Ziffer 2.3. des Arbeitsvertrages lediglich, daß die Klägerin einen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation habe; von einer Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation sei im Arbeitsvertrag keine Rede. Eine Rückzahlungsklausel sei nicht ausdrücklich vereinbart. Die Geltung von Tarifverträgen müsse ausdrücklich vereinbart sein. Im übrigen halte die Bezugnahmeklausel einer notwendigen Inhaltskontrolle nicht stand. Die Rückzahlungsklausel in § 19 Ziffer 4 MTV sei als Überraschungsklausel unwirksam.
Darüber hinaus sei die im Tarifvertrag vorgesehene Rückzahlungsklausel wegen zu langer Bindungsdauer unwirksam.
Mindestens verstoße die Aufrechnung gegen die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 387, 394 BGB sowie gegen § 242 BGB.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.965,– DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag ab Klageerhebung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise widerklagend die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 3.965,– DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag ab Klageerhebung der Klägerin an die Beklagte zu zahlen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie sei nach § 19 Ziffer 4 des Manteltarifvertrages für Molkereien und Käsereien im Lande NRW in Verbindung mit Ziffer 2.3. des schriftlichen Arbeitsvertrages berechtigt gewesen, die Gratifikation zurückzufordern. Aufgrund der ausdrücklichen arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel fänden auch hinsichtlich der Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation die tariflichen Bestimmungen Anwendung. Die Beklagte wende die tariflichen ...