Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieblicher Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, Gemeinschaftsbetrieb, ordentliche Kündigung, Sozialwidrigkeit der Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Gemeinschaftsbetrieb zweier selbständiger Unternehmen liegt vor, wenn die beteiligten Unternehmen einen einheitlichen Leitungsapparat zur Erfüllung der in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke geschaffen haben. Insbesondere müssen die Arbeitgeberfunktionen in den sozialen und personellen Angelegenheiten institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen sein.

Die einheitliche Leitung braucht nicht in einer einheitlichen vertraglichen Vereinbarung der beteiligten Unternehmen geregelt sein. Vielmehr genügt es, dass sich ihre Existenz aus den tatsächlichen Umständen herleiten lässt. Ergeben die Umstände des Einzelfalls, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird, so führt dies regelmäßig zu dem Schluss, dass eine konkludente Führungsvereinbarung vorliegt.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1; UmwG § 323 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 27.06.2000; Aktenzeichen 4 Ca 856/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 27.06.2000 – 4 Ca 856/00 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung beendet worden ist.

Der am 25.09.1947 geborene Kläger ist bosnischer Staatsbürger. Er ist verheiratet und einer Person zum Unterhalt verpflichtet.

Am 01.04.1975 trat er als Glasreiniger in den Handwerksbetrieb K…….. Gebäudereinigung ein, dessen Inhaberin zur Zeit Frau E…. K…….. ist. Der Handwerksbetrieb befasste sich bis zur Gründung der Beklagten mit der sog. Unterhaltsreinigung und der Glasreinigung. In der Unterhaltsreinigung werden ca. 70 Reinigungskräfte als Teilzeitkräfte eingesetzt, im Rahmen der Glasreinigung waren vor der Übertragung des Bereiches Glasreinigung auf die Beklagte ca. sieben Arbeitnehmer tätig, nämlich die Arbeitnehmer D…………., H….., K……. …, L……., B…….., B…, J……… und der Kläger. Die Betriebsräume des Handwerksbetriebs befinden sich in H……, W………… …… Er ist nicht im Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 03.12.1999 (Bl. 78 d.A.) errichtet und am 17.01.2000 in das Handelsregister eingetragen (Bl. 12 d.A.) unter der Firma Glasreinigung K…….. GmbH.

Mit Wirkung vom 01.01.2000 übertrug die Inhaberin des Handwerksbetriebs K…….. Gebäudereinigung, E…. K…….., den Bereich Glasreinigung auf die Beklagte. Dem Kläger teilte sie den Übergang mit Schreiben vom 06.12.1999 wie folgt mit:

Sehr geehrter Herr K…,

zum 01.01.2000 habe ich die jetzt bestehende Einzelfirma aufgeteilt und die Glasreinigung K…….. GmbH gegründet. Ab dem 01.01.2000 geht Ihr Arbeitsverhältnis daher mit allen Rechten und Pflichten und zu den bisherigen Bedingungen auf die Glasreinigung K…….. GmbH über.

Ich hoffe auch weiterhin auf eine angenehme Zusammenarbeit.

Der Kläger war mit dem Übergang einverstanden. Die Beklagte übernahm weiter die Arbeitnehmer D………., H….., K……. …, L……. und B……… Nicht übernommen wurden die Glasreiniger B… und J……….

Geschäftsführerin der Beklagten war zunächst die Inhaberin des Handwerksbetriebs K…….. Gebäudereinigung, E…. K………

Unter dem 02.01.2000 schloss die Beklagte mit der Eigentümerin des Grundstücks W……-……. ….. in H…….., D…… J………, einen Mietvertrag über die von der Glasreinigung benutzten Räumlichkeiten.

Der Kläger erzielte zuletzt eine Vergütung von 19,23 DM pro Stunde. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen.

Nach der Abspaltung kündigte die Beklagte zunächst dem Glasreiniger B…….., wobei die Parteien darüber streiten, ob dieser zum 15.03.2000 oder 31.03.2000 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist.

Dem Kläger gegenüber kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 28.03.2000, welches dem Kläger am 29.03.2000 zuging, mit Wirkung zum 30.09.2000.

Durch Bescheid vom 14.12.2000 stellte das Versorgungsamt rückwirkend ab 20.06.2000 die 100 %ige Schwerbehinderung des Klägers fest.

Die Beklagte wurde gegründet mit dem Namen Glasreinigung K…….. GmbH. Seit dem 01.07.2000 firmiert die Beklagte unter ihrem jetzigen Namen. Herr N……. A…… D……… ist seit diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Beklagten. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung hielt Frau E…. K…….. eine Stammeinlage in Höhe von 15.000 Euro und Herr N……. D……… eine Stammeinlage von 10.000 Euro. Seit dem 01.07.2000. hält Herr D……… 60 % des Stammkapitals und Frau E…. K…….. 40 % des Stammkapitals. Inhaberin des Handwerksbetriebs ist weiterhin Frau E…. K………

Gegen die Kündigung vom 28.03.2000 hat der Kläger sich gewehrt mit der vorliegenden, am 07.04.2000 bei dem Arbeitsgericht eingegangen Klage.

Zur Stützung der Klage hat der Kläger vorgetragen:

Die Kündigung sei sozialwidrig. Das Kündigungsschut...

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