Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenzeugnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Entspricht das einem Angestellten nach § 61 Abs. 2 BAT erteilte Zwischenzeugnis nicht der vorgeschriebenen Form, ist es inhaltlich unrichtig oder hat der Arbeitgeber bei der Bewertung von Führung und Leistung seinen Beurteilungsspielraum überschritten, kann der Angestellte verlangen, daß das Zwischenzeugnis nachträglich abgeändert wird. In diesen Fällen kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch nicht (mehr) zur Verfügung. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 61 BAT, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht.
2. Der Angestellte, welcher mit einzelnen Bewertungen seiner Person oder Leistungen und/oder mit den Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibungen nicht einverstanden ist, ist auf seinen Berichtigungsanspruch mit einem im einzelnen genau spezifizierten Klageantrag zu verweisen, er kann nicht mehr auf bloße Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses klagen. Da über einen Arbeitnehmer lediglich eine Beurteilung existieren darf, ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des beanstandeten Zeugnisses ein neues Zeugnis zu erteilen. Dies hat der Arbeitnehmer - sofern er das Zeugnis nicht bereits vorher zurückgegeben hat - auch so zu beantragen, ansonsten ist seine Klage insoweit unter Auferlegung der Hälfte der Kosten abzuweisen.
3. Ein Zwischenzeugnis ist auf dem üblichen Firmen- oder Geschäftsbogen des Arbeitgebers zu schreiben und mit 'Zwischenzeugnis' zu bezeichnen. Es hat in der sog. Eingangsformel die Personalien des Arbeitnehmers und die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu enthalten. Die Leistungsbeurteilung umfaßt die Arbeitsbereitschaft ('Wollen'), die Arbeitsbefähigung ('Können'), die Arbeitsweise ('Einsatz') und das Arbeitsergebnis ('Erfolg'). Die Verhaltensbeurteilung hat sich zu erstrecken auf die Vertrauenswürdigkeit (Loyalität) und die Verantwortungsbereitschaft (das Pflichtbewußtsein) sowie auf das sog. Sozialverhalten, also das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Gleichgestellten, Untergebenen und Dritten (Kunden). Im Gegensatz zum Schlußzeugnis ist im Zwischenzeugnis nicht die Beendigungsmodalität, sondern der Zeugnisvergabegrund anzugeben. Der Aussteller hat das Zwischenzeugnis schließlich unter Angabe des Ortes und Datums und ggf. seiner Vertretungsbefugnis zu unterzeichnen.
4. Das Zeugnis ist also nach Form und Stil objektiv abzufassen, wobei der Verkehrssitte Rechnung zu tragen ist, die mit bestimmten Formulierungen den Ausdruck des Tadels verbindet oder in Zeugnissen bestimmter Arbeitnehmergruppen die Attestierung gewisser Eigenschaften verlangt. Der jeweilige Berufskreis schließt nämlich aus dem bezeugten Berufsbild auf das Vorliegen der Normaleigenschaften, besonders gelobter Qualitäten und bei gehobenen Berufen auf positiv bezeugte Sonderqualitäten. Normaleigenschaften gelten um so selbstverständlicher als vorhanden, je mehr die sonstigen Eigenschaften gelobt sind, sie werden eher in Frage gestellt durch sonst knappe, zurückhaltende Formulierungen.
5. Aus der Forderung nach einer wohlwollenden, aber dennoch wahren Beurteilung hat sich vornehmlich in der Leistungsbewertung, aber auch in der Führungsbeurteilung eine vorsichtige Ausdrucksweise herausgebildet, bei der an sich neutrale oder nicht geradezu abwertende Urteile über den Arbeitnehmer im Zeugnis einen Tadel ausdrücken können. Es sind im Laufe der Jahre Standardformulierungen für eine zusammenfassende Führungsbeurteilung entstanden, die weitgehend bekannt sind und deshalb vom Arbeitnehmer hingenommen werden müssen. Bei der Bewertung der Führung ist besonders wichtig, ob alle drei bzw. vier Bereiche (Vorgesetzte, Arbeitskollegen, Untergebenen und Kunden) bewertet werden oder ob durch eine sog. Leerstelle, d.h. Nichterwähnung einer Gruppe, Schwierigkeiten in diesem Bereich angedeutet werden.
6. Wird einer Angestellten bescheinigt, ihr Verhalte n sei /beanstandungsfrei., so wird damit der Eindruck erweckt, es habe keinerlei Beanstandungen gegeben und es sei überhaupt kein Anlaß gegeben, über die Mitarbeiterin irgendwelche Klagen zu erheben. Eine solche Führungsbeurteilung kann nur verlangt werden, wenn das Verhalten der Angestellten in jeder Hinsicht /vorbildlich. gewesen ist. Ist eine Angestellte wegen wiederholter Unpünktlichkeit abgemahnt worden, kann sie eine solche Beurteilung in einem Zwischenzeugnis nicht (mehr) verlangen.
Orientierungssatz
1. Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder nimmt es zwar zu allen Punkten Stellung, ist aber in Teilen nicht so umfassend, wie es das Gesetz oder der Tarifvertrag vorsieht, oder verstößt es gegen andere Grundsätze der Zeugniserteilung, kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur noch von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch nicht (mehr) zur Verfügung. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichti...