Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Klage auf Erteilung eines Zeugnisses mit ausformuliertem Zeugnistext
Leitsatz (amtlich)
1. Klagt der Arbeitnehmer erstmals auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und formuliert er den gewünschten Text im Klageantrag vor, so kann sich der Arbeitgeber damit begnügen, darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, inwieweit er den Vorstellungen des Arbeitnehmers nicht entsprechen kann. In einem solchen Falle ist dann – wie bei einem Rechtsstreit über Zeugnisberichtigung – der Streit der Parteien im Rahmen des Klageantrags über die gesamte Inhaltsfrage des Zeugnisses zu klären und festzulegen, welches Zeugnis mit welchem Wortlaut vom Arbeitgeber zu erteilen ist.
2. Wenn der Arbeitgeber nicht selbst das Zeugnis formuliert, dann kann er sich gegen eine Verurteilung zu einer Zeugniserteilung mit bestimmten, ihm vorgegebenen Formulierungen nicht mit der Begründung wehren, „durch das erstinstanzliche Urteil wird der Beurteilungsspielraum … bei der Erteilung des Zeugnisses in unzulässiger Weise beeinträchtigt”. Der Arbeitgeber muß dann von seinem Recht, das Zeugnis abzufassen, Gebrauch machen und es selbst formulieren. Tut er dies nicht, dann muß er nicht nur exakt beanstanden, welche Formulierung des vom Arbeitnehmer gewünschten Zeugnisses inhaltlich falsch ist, sondern auch im einzelnen darlegen, warum dies der Fall sein soll.
Normenkette
GewO § 113; ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Herford (Entscheidung vom 27.07.1999; Aktenzeichen 3 Ca 347/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 27.07.1999 (3 Ca 347/99) teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zeugnis folgenden Inhalts zu erteilen:
ZEUGNIS
Herr R… B………, geb. am ……………… .in M…, Kreis O……………, war vom 01.12.1997 bis zum 03.06.1998 als Sachbearbeiter in der Arbeitsvorbereitung unseres Unternehmens tätig.
Herr B……… arbeitete sich dank seiner raschen Auffassungsgabe schnell in das ihm neue Arbeitsgebiet ein. Er ist den an ihn gestellten Anforderungen jederzeit in vollem Umfang gerecht geworden. Er besitzt die Fähigkeit, selbständig zu arbeiten und mitzudenken, und arbeitet mit Fleiß und Zuverlässigkeit. Wir bestätigen Herrn B……… eine überdurchschnittliche Leistung, die zu unserer vollen Zufriedenheit ausfiel.
Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets einwandfrei.
Wir wünschen ihm für seinen weiteren Berufsweg weiterhin viel Erfolg.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.000,00 DM = 1.533,88 [khgr] festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erteilung eines Arbeitszeugnisses.
Die Beklagte betreibt mit ca. 80 Arbeitnehmern ein Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Fenstern befaßt.
Bei ihr war der Kläger ab dem 01.12.1997 als Sachbearbeiter zu einem monatlichen Gehalt in Höhe von 3.000,00 DM brutto in der Arbeitsvorbereitung tätig.
Am 03.06.1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos. In dem hiergegen erhobenen Kündigungsschutzverfahren hat die Beklagte die fristlose Kündigung mit mangelnden Leistungen des Klägers, die von diesem bestritten worden sind, begründet. Im Kammertermin vom 08.12.1998 (3 Ca 803/98) haben die Parteien vor dem Arbeitsgericht Herford einen Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung mit dem 04.06.1998 beendet worden ist, die Beklagte an den Kläger wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 1.500,00 DM zahlt und mit Erfüllung dieses Vergleichs alle Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis erledigt und ausgeglichen seien mit Ausnahme eines noch auszustellenden Zeugnisses. Die Erstellung des Zeugnisses ist von der Beklagten im weiteren Verlauf jedoch verweigert worden.
Der Kläger hat mit der beim Arbeitsgericht am 08.03.1999 eingegangenen Klage die Erteilung eines von ihm vorformulierten Zeugnisses begehrt, dessen Inhalt er für zutreffend hält.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Abschlußzeugnis zu erteilen, daß seinem beruflichen Fortkommen förderlich ist und als qualifiziertes Zeugnis sinngemäß folgenden Inhalt hat:
Zeugnis
Herr R… B……, geboren am ……………………, in M…, Kreis O……………, trat am 01. Dez. 1997 bis zum 03. Juni 1998 als Sachbearbeiter in der Arbeitsvorbereitung in unser Unternehmen ein.
Herr B……… arbeitete sich durch seine rasche Auffassungsgabe schnell in seine verantwortungsvolle Tätigkeit ein. Wir können vorbehaltlos versichern, daß er den Anforderungen jederzeit in vollem Umfang gerecht wurde. Herr B……… besitzt die Fähigkeit, selbständig zu arbeiten und mitzudenken, verbunden mit Fleiß und absoluter Zuverlässigkeit. Wir bestätigen Herrn B……… eine überdurchschnittliche Leistung, die stets zu unserer vollsten Zufriedenheit ausfiel.
Sein Verhalten gegenüber ...