Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung hinsichtlich des Zeitpunkts der Beendigung durch Kündigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband
Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung hinsichtlich des Eintrittszeitpunkts einer auflösenden Bedingung bei Kündigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband
Leitsatz (redaktionell)
Eine Klausel in einer Betriebsvereinbarung, wonach diese im Falle der "Kündigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband" fristlos mit sofortiger Wirkung endet, ist dahin auszulegen, dass auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung und nicht auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung abzustellen ist.
Normenkette
Betriebsvereinbarung Beschäftigungssicherung R . GmbH Ziff. 8 Fassung: 2016-02-26
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 12.10.2016; Aktenzeichen 19 Ca 1905/16) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12.10.2016 - 19 Ca 1905/16 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.531,46 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 271,91 Euro brutto seit dem 01.11.2015, 01.12.2015 und 01.01.2016 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 60 Prozent und die Beklagte zu 40 Prozent.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das zutreffende Beendigungsdatum einer tarifliche Ansprüche einschränkenden Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung und etwaige aus einem früheren Beendigungsdatum resultierende klägerische Differenzlohnansprüche.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die Chemische Industrie Nordrhein Anwendung.
§ 2 Abs. 1 Ziffer 3 des Manteltarifvertrages des Arbeitgeberverbandes Chemie Rheinland e. V. mit der IG Bergbau, Chemie, Energie vom 24.06.1992 in der hier anwendbaren Fassung vom 17.10.2013 enthält folgende Regelung:
"Für einzelne Arbeitnehmergruppen oder mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien für größere Betriebsteile oder ganze Betriebe kann im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von der regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit eine bis zu zweieinhalb Stunden längere oder kürzere regelmäßige Arbeitszeit festgelegt werden. Die Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine der vereinbarten Arbeitszeit entsprechende Bezahlung..."
§ 2 I Ziffer 1 MTV Chemie bestimmt die regelmäßige tarifliche Wochenarbeitszeit wie folgt:
"Die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit an Werktagen beträgt ausschließlich der Pausen 37,5 Stunden ..."
Alsdann enthält § 3 I MTV Chemie Regelungen zur Mehrarbeit. Hiernach ist Mehrarbeit grundsätzlich in Freizeit auszugleichen.Ist jedoch jedenfalls binnen zwei Monaten kein Ausgleich erfolgt, hat mit Ablauf von zwei weiteren Monaten ein Ausgleich zuzüglich eines Mehrarbeitszuschlages von 25 Prozent zu erfolgen.
Der ebenfalls anwendbare Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18.07.1987 in der Fassung vom 30.09.2004 enthält nachfolgende Regelung:
"V. Entgeltkorridor
§ 10 Tariföffnungsklausel
Zur Sicherung der Beschäftigung und/oder zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort D , insbesondere auch bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten, können Arbeitgeber und Betriebsrat mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien für Unternehmen und für Betriebe durch befristete Betriebsvereinbarungen bis zu 10 % von den bezirklichen Tarifentgeltsätzen abweichende niedrigere Entgeltsätze unter Beachtung des§ 76 Absatz 6 BetrVG vereinbaren. Diese mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien betrieblich abweichend festgelegten Entgeltsätze gelten als Tarifentgeltsätze. Sie verändern sich - sowie die Betriebsvereinbarung nichts anderes regelt - bei einer Veränderung der in den bezirklichen Entgelttarifverträgen geregelten Tarifentgelte um den gleichen Prozentsatz wie diese.
Die Anwendung dieser Tariföffnungsklausel schließt eine Kombination mit anderen tariflichen Öffnungsklauseln nicht aus."
Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten schloss die Beklagte bereits am 05.11.2008 mit ihrem örtlichen Betriebsrat unter Zustimmung der Tarifvertragsparteien eine Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung. Eine erneute Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung schlossen die Betriebsparteien unter dem 26.02.2013. Diese Betriebsvereinbarung sieht unter anderem eine Arbeitszeitverlängerung von 37,50 auf 39,50 Stunden/Woche ohne Lohnausgleich vor. Darüber hinaus ist die Nutzung des Entgeltkorridors gemäß § 10 BETV Chemie in Verbindung mit dem Arbeitszeitkorridor nach § 2 Abschnitt 1 Ziffer 3 MTV Chemie ausdrücklich vorgehen. Weiter ist bestimmt, dass Tariflohnerhöhungen teilweise ausgesetzt werden.
Im Einzelnen regelt die Betriebsvereinbarung hierzu:
" Präambel
Geschäftsführung und Bet...