Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache in Abhängigkeit der voraussichtlichen Erfolgsaussichten der Klage. Kein Anspruch auf Urlaubsgewährung nach Ablauf der Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitnehmer kann im gekündigten Arbeitsverhältnis, dessen Fortbestand aufgrund einer Kündigungsschutzklage im Streit ist, im Wege einer einstweiligen Verfügung regelmäßig keine Urlaubsgewährung für einen Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist durchsetzen.
Normenkette
ZPO § 935; BUrlG §§ 1, 7; ZPO §§ 91a, 99 Abs. 1, § 256; ArbGG § 55 Abs. 1, § 72 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 17.07.2019; Aktenzeichen 11 Ga 2/19) |
Tenor
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Gründe
A.
Mit der einstweiligen Verfügung hat die arbeitgeberseitig gekündigte Klägerin eine Urlaubsgewährung für einen Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist begehrt.
Die im August 1967 geborene Klägerin nahm am 03.12.2018 bei der Beklagten eine Beschäftigung als Callcenter-Agentin auf.
Im Januar 2019 beantragte sie Urlaub für die Zeit vom 27.07. bis zum 09.08.2019, um ihr schulpflichtiges Enkelkind während der Sommerferien zeitweise betreuen zu können. Anfang Juni 2019 genehmigte die Beklagte den Urlaub lediglich für die Woche vom 27.07. bis zum 02.08.2019; den Urlaubsantrag für die Folgewoche lehnte sie ab.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter dem 28.06.2019 ordentlich zum 31.07.2019 aus verhaltensbedingten Gründen. Hiergegen hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 05.08. - 09.08.2019 Urlaub zu gewähren,
hilfsweise
festzustellen, dass für den Zeitraum vom 01.08. - 09.08.2019 keine Arbeitspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten besteht.
Die Beklagte hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie könne der Klägerin überhaupt keinen Urlaub gewähren, da das Arbeitsverhältnis bereits geendet habe. Die Beklagte habe über den 31.07.2019 hinaus kein Interesse an der Arbeitsleistung und sichere der Klägerin zu, dass die Kündigung bis zum 31.07.2019 nicht zurückgenommen werde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung angeführt, dass auch im gekündigten Arbeitsverhältnis, dessen Fortbestand noch streitig sei, ein Anspruch auf Urlaubsgewährung bestehe. Die Beklagte könne die Kündigung möglicherweise zurücknehmen und den Annahmeverzug damit beenden.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie verweist nochmals darauf, dass sie der Klägerin ab dem 01.08.2019 keinen Urlaub mehr gewähren könne, da das Arbeitsverhältnis beendet sei und keine Arbeitsverpflichtung mehr bestehe. Zunächst sei in dem Kündigungsschutzverfahren zu klären, ob das Arbeitsverhältnis fortbestehe. Je nach Ausgang dieses Verfahrens könne die Klägerin entweder den Urlaub oder eine Urlaubsabgeltung verlangen. Das Eilverfahren dürfe dem nicht vorgreifen.
Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz den Antrag angekündigt, das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 17.07.2019 - 11 Ga 2/19 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat die erstinstanzliche Entscheidung verteidigt und die Zurückweisung der Berufung begehrt.
Die Parteien haben in dem Kündigungsschutzrechtsstreit am 02.09.2019 einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2019 geendet hat. Daraufhin hat die Klägerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Schriftsatz vom 02.09.2019 für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 04.09.2019 angeschlossen.
Beide Parteien beantragen,
über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
B.
Haben die Parteien durch Einreichung eines Schriftsatzes den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss (§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Ermessensentscheidung ist regelmäßig daran auszurichten, wer die Kosten zu tragen gehabt hätte, wenn die Erledigung nicht eingetreten wäre. Die Kosten sind den Parteien ganz oder teilweise in demjenigen Umfang aufzuerlegen, in dem sie das Verfahren voraussichtlich verloren hätten (z. B. BAG, Beschluss vom 02. Januar 2018 - 6 AZR 235/17 - Rn. 18 = NZA 2018, 325; BAG, Beschluss vom 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01 - Rn. 12, juris = ZTR 2004, 268; Zöller/Althammer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 91a, Rn. 24).
Die Berufung der Beklagten wäre voraussichtlich erfolgreich gewesen, da der Hauptantrag der Klägerin nicht begründet und der Hilfsantrag nicht zulässig war. Es entspricht daher billigem Ermessen, der ...