Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Urteil vom 15.04.1993; Aktenzeichen 5 Ca 5265/92)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom15.04.1993 (5 Ca 5265) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien haben das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 31.12.1991 aufgehoben. Seit diesem Zeitpunkt bezieht die Klägerin Altersübergangsgeld nach § 249 e AFG. Die Parteien streiten nunmehr darum, ob die beklagte Bundespost der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil sie im Vorfeld des Ausscheidens der Klägerin unzutreffende Auskünfte über die Höhe des der Klägerin zustehenden Altersübergangsgeldes erteilt habe.

Die beklagte Bundespost hat in ihrem Dienstbereich für die Inanspruchnahme des Altersübergangsgeld geworben. Im Sommer 1991 wurden zu diesem Zweck die in Betracht kommenden Personen in kleineren Gruppen zu Informationsgeprächen gebeten, in denen über das Altersübergangsgeld der Bundesanstalt für Arbeit und eine zusätzliche außertarifliche Zuwendung der Beklagten selbst informiert wurde. Die Klägerin hat an einem solchen Gespräch im Juli 1991 teilgenommen. Im Rahmen des Gespräches wurde auch ein Informationsblatt der Beklagten verteilt, in dem die wichtigsten Informationen zusammengefaßt wurden. Dort heißt es unter anderem (vergleiche Kopie Blatt 4 der Akten):

„Das Altersübergangsgeld ist eine neue Leistung der Arbeitslosenversicherung (ausschließlich für die Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern) und beträgt grundsätzlich 65 v.H. des letzten durchschnittlichen Nettoarbeitsentgeltes.”

Auf diesem Informationsblatt konnten die Betroffenen im unterem Abschnitt ihr Einverständnis mit der Aufhebung des Arbeitsverhältnis erklären.

Nach den dortigen Angaben (Kopie Blatt 4) hat die Klägerin am 11.09.1991 ihr Einverständnis mit der Vertragsaufhebung erklärt.

Die Klägerin war als Postzustellerin beschäftigt. Zu Zeiten der DDR wurde die Zustellung der Post durch nicht vollbeschäftigte Zusteller vorgenommen, die diese Arbeit von ihrer Wohnung aus erledigt hatten. Dementsprechend bestand zwischen den Parteien lediglich ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit 27 Stunden pro Woche.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1991 hatte die Beklagte die Postzustellung umorganisiert. Nunmehr sollte diese Aufgabe von vollbeschäftigten Zustellern übernommen werden, die arbeitsorganisatorisch in die Postämter integriert wurden. Aufgrund fehlender Erfahrungen über den richtigen Zuschnitt der dadurch vergrößerten Zustellbezirke wurden die Zusteller zunächst auf der bestehenden vertraglichen Grundlage bis zu 40 h pro Woche beschäftigt, wobei die über die vertragliche Regelung hinausgehenden Stunden als Überarbeit bezahlt wurden. So war auch die Klägerin jedenfalls in den letzten drei Monaten vor Ihrem Ausscheiden praktisch wie eine Vollzeitkraft eingesetzt. Die Klägerin hat den durchschnittlichen Wochenbruttolohn in diesen Monaten mit 426,– DM beziffert.

Tatsächlich hat die Klägerin seit dem 01.01.1992 ein Altersübergangsgeld zunächst in Höhe von nur 138,60 DM wöchentlich, errechnet aufgrund eines wöchentlichen Bruttolohnes in Höhe 280,00 DM erhalten. Wegen des Ansatzes von lediglich 280,00 DM als wöchentlichen Bruttolohn hat die Klägerin eine Klage gegen die Bundesanstalt für Arbeit erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist.

Die Klägerin behauptet, in dem Informationsgespräch im Frühsommer 1991 habe die Beklagte mitgeteilt, daß das Altersübergangsgeld stets 65 % des letzten Nettogehaltes der letzten drei Monate betrage. In diesem Gespräch und bei einem weiteren Gespräch mit Frau V; in deren Büro sei auch ausdrücklich daraufhingewiesen worden, daß sich das Ableisten von Überstunden anspruchserhöhend auswirken werde. Sie behauptet weiter, daß von der Beklagten nie der Hinweis gegeben worden sei, wegen der Höhe des Anspruchs im Einzelfall möge man sich beim Arbeitsamt erkundigen. Schließlich ist sie der Auffassung, daß sich auch aus dem Informationsschreiben der Beklagten nichts anderes ergebe; wenn es dort heiße, das Altersübergangsgeld betrage grundsätzlich 65 % des letzten durchschnittlichen Nettogehaltes, so haben sie das im Sinne von „ausnahmslos”, „prinzipiell” oder eben im Sinne von „stets” verstanden.

Die Klägerin gibt weiter an, daß sie zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nur bereit gewesen sei, weil sie sich alles (inklusive der Anrechnung der Überstunden) genau durchgerechnet habe. Hätte sie gewußt, daß das Altersübergangsgeld tatsächlich wesentlich geringer ist, hätte sie noch ein Jahr weiter gearbeitet. Dadurch hätte sie sich wegen der erheblichen Tariferhöhung im Jahre 1992 bei der Berechnung des Altersübergangsgeldes und später der Rente erheblich besser gestellt.

Die Klägerin hat in erster Instanz den bis April 1993 entstandenen Schaden, den sie mit 4.100,40 DM beziffert, eingeklagt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15.04.1993 die Klage abgewiesen. Es hat dabei angenommen, daß ein verständig urteilender Leser das Informationsschreiben der Beklagten...

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