Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessene Vergütung einer Praktikantin im Rettungsdienst bei Ausbildung zur Rettungssanitäterin und Rettungsassistentin
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Praktikum zum Rettungsassistenten handelt es sich zwar nicht um einen Teil eines Ausbildungsverhältnisses bzw. um ein Ausbildungsverhältnis; allerdings stellt die Vertragsabrede darüber einen Vertrag nach § 26 BBiG dar.
2. § 26 BBiG gilt nur für den erstmaligen Erwerb beruflicher Fertigkeiten und Kenntnisse. Umschulungs- oder Fortbildungsverträge fallen nicht unter diese Norm. Es handelt sich allerdings nicht um eine Fortbildung, wenn eine Praktikantin einen bestimmten Abschluss (Rettungsassistentin) erstrebt und im Rahmen des gewählten Ausbildungsweges hierzu einen weiteren Berufsabschluss (Rettungssanitäterin) erhält, auf den die Ausbildung zum letztlich erstrebten Beruf der Rettungsassistentin aufbaut.
3. Nach § 26 BBiG findet u.a. § 17 BBiG Anwendung, wonach der Praktikant Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat.
Normenkette
BBiG § 1 Abs. 4, §§ 17, 26; RettAssG §§ 1-3, 7; BBiG § 1 Abs. 3; BGB §§ 134, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Entscheidung vom 13.03.2013; Aktenzeichen 19 Ca 6638/12) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.03.2013 - 19 Ca 6638/12 abgeändert wie folgt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 10.348,56 brutto und Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit April 2012 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Bezahlung einer angemessenen Vergütung während eines Praktikums der Klägerin beim Beklagten.
Die Klägerin war beim Beklagten, einer Einrichtung des Rettungsdienstes, auf Grund eines befristeten Praktikantenvertrages im Zeitraum 1. Sept. 2011 bis 31. Aug. 2012 (Anlage K 1, Bl. 4 ff. d. A.) zur Ableistung des praktischen Anerkennungsjahres für die Ausbildung zum Rettungsassistenten bei einer monatlichen Vergütung von € 126.- beschäftigt.
Die Klägerin hatte die (2-jährige) Ausbildung zum Rettungsassistenten erstrebt, da diese auf das beabsichtigte und nunmehr aufgenommene Medizinstudium angerechnet wird.
Dabei hatte sie 2010 hinsichtlich des ersten (theoretischen) Teiles im Grundsatz 2 Wege zu Wahl, nämlich die Belegung eines Vollzeitkurses, der aber bei der Einrichtung, bei der sie sich eingeschrieben hatte, belegt gewesen war und der zeitlich gleich lange Weg über die zunächst erfolgende Ausbildung zur Rettungssanitäterin mit anschließender Ausbildung zur Rettungsassistentin. Wegen des belegten anderweitigen Kurses entschied sie sich für den 2. Weg. Im Februar 2011 legte sie die Prüfung zur Rettungssanitäterin ab, im Juli/August 2011 bestand sie die (theoretische) Prüfung zur Rettungsassistentin.
Mit ihrer am 11. Juni 2012 beim Arbeitsgericht München eingegangenen und dem Beklagten am 14. Juni 2012 zugestellten Klage vom 4. Juni 2012 begehrt die Klägerin eine angemessene Vergütung für die Dauer des Praktikums.
Sie hat die Ansicht vertreten, bei der Ausbildung zum Rettungssanitäter handle es sich um eine Berufsausbildung, während der der Beklagte zur Entrichtung einer angemessenen Vergütung verpflichtet sei. Das Fehlen der Ausbildung im Verzeichnis des Bundesinstituts für Berufsbildung (BBiB) belege nicht, dass es sich um keinen Ausbildungsberuf handle, sondern nur, dass das Verzeichnis nicht in allen Fällen maßgeblich sei. Im Rettungsassistentengesetz sei zudem, anders als im Altenpflegegesetz und im Krankenpflegegesetz kein konkreter Ausschluss des BBiG enthalten. Der Ausschluss im Notfallsanitätergesetz sei unerheblich, da dieses Gesetz noch nicht in Kraft getreten sei. Daneben bestimmte § 13 dieses Gesetzentwurfes auch die Zahlung einer angemessenen Vergütung.
Bei ihrer Ausbildung handle es sich um keine schulische Ausbildung. Auch sei keine berufliche Fortbildung i.S. § 1 Abs. 4 BBiG gegeben, die das Vorhandensein einer bereits abgeschlossenen Ausbildung voraussetze. Sie habe aber vor ihrer Ausbildung zur Rettungsassistentin noch keine Berufsausbildung abgeschlossen gehabt. Unzutreffend sei ferner, dass die Beklagte die Grundqualifikation als Rettungssanitäter für die Aufnahme des Praktikums verlange; es habe in der Vergangenheit Praktikanten gegeben und es gebe noch welche, die diese Voraussetzung nicht erfüllten. Sie sei während des Praktikums als Fahrerin oder Beifahrerin bei Krankentransporten oder als Fahrerin des Rettungswagens in ihrer Funktion als Rettungsassistentin beschäftigt gewesen. Es handele sich daher um ein Arbeitsverhältnis. Um die konkreten Arbeitszeiten konkret darlegen zu könne, benötige sie allerdings die Dienstpläne, welche der Beklagte vorlegen möge.
Die angemessene der Vergütung sei, wie sie gemeint hat, den einschlägigen Tarifverträgen, primär dem Tarifvertrag des Bayerischen Rote...