Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Personalplanung in psychiatrischen Kliniken. Überlassung von Stichtagserhebungen zur Festlegung des Budgets zwischen den Vertragsparteien der Pflegesatzvereinbarung. Unbegründeter Verpflichtungsantrag des Betriebsrats bei ausschließlicher Verwendung der Stichtagserhebungen als Finanzierungsinstrument und anderweitiger Ausgestaltung der Personalplanung
Leitsatz (amtlich)
Dienen Stichtagserhebungen, die nach einer VO erhoben werden müssen, nicht ausschließlich der Festlegung des Budgets zwischen den Vertragsparteien der Pflegesatzvereinbarung, sondern übergeordnet auch und gerade dem Ziel einer ausreichenden zweckmäßigen und wirtschaftlichen Behandlung der Patienten, sind diese dem Betriebsrat dennoch nicht vorzulegen, wenn die Arbeitgeberin nicht verpflichtet ist, dieselben Maßstäbe und Methoden zu übernehmen und innerbetrieblich umzusetzen und sie dies auch nicht tut.
Normenkette
BetrVG § 92 Abs. 1-2; PsychPV § 4; BetrVG § 92 Abs. 1 S. 1; PsychPV § 4 Abs. 2, 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Göttingen (Entscheidung vom 17.10.2013; Aktenzeichen 1 BV 3/13) |
Tenor
1) Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Göttingen vom 17.10.2013 -1 BV 3/13 - abgeändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
2) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten um die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) Stichtagerhebungen, die sie im Rahmen ihrer Budgetverhandlungen nach § 4 Abs. 2 Psych-PV erheben und vorlegen muss, dem Beteiligten zu 1) für die vergangenen Jahre 2012 und 2013 zu übergeben.
Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen des Gesundheitswesens, das psychiatrische Fachkliniken in A-Stadt und B-Stadt betreibt. Sie beschäftigt rund 1100 Arbeitnehmer. Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der für die Kliniken A-Stadt und B-Stadt gewählte Betriebsrat. Im Unternehmen besteht ein Wirtschaftsausschuss.
Die Arbeitgeberin fertigt nach § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Psych-PV vierteiljährlich sogenannte Stichtagserhebungen, die sie bis Juli 2012 dem Wirtschaftsausschuss zur Verfügung stellte. Danach wurden weder der Wirtschaftsausschuss noch der Betriebsrat über die in den Stichtagserhebungen enthaltenen Daten informiert.
Mit seinem am 21. März 2013 eingegangenen und am 27. März 2013 zugestellten Antrag begehrt der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Übergabe der Stichtagserhebungen wie bisher. Er hat die Auffassung vertreten, hierauf einen Anspruch zu haben. Die Stichtagserhebungen seien notwendige Grundlage für die Personalplanung. Aus ihnen lasse sich der tatsächliche Personalbedarf, also der Sollbestand, ermitteln. Zumindest seien die Erhebungen dafür ein wesentlicher Indikator. Die Differenz zwischen dem Soll- und dem Istbestand sei vom Betriebsrat zu verfolgen. Jedenfalls könne er anhand der Stichtagserhebungen die Belastungen der Arbeitnehmer ermitteln. Nach § 80 Abs. 2 BetrVG habe er die Aufgabe, Maßnahmen zu beantragen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, sowie Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes zu fördern. Es sei eine Maßnahme des Arbeitsschutzes, zu überwachen, dass die Belastungssituation der Beschäftigten nicht nur in zeitlicher, auch in tatsächlicher arbeitsmäßiger Hinsicht nicht zu einer Überlastungssituation führe.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, die Stichtagserhebungen nach § 4 Abs. 2 Psych-PV vom jeweils dritten Mittwoch der Monate Juli 2012, Oktober 2012, Januar 2013, April 2013 sowie Juli 2013 dem Betriebsrat zu übergeben.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein Informationsrecht des Betriebsrates bestehe nicht. Im Rahmen von § 92 BetrVG sei der Arbeitgeber lediglich verpflichtet, die Unterlagen vorzulegen, die er selbst im Rahmen seiner Personalplanung verwende. Hierzu gehörten die Stichtagserhebungen der Psych-PV nicht. Sie dienten lediglich den Budgetverhandlungen mit den Kostenträgern.
Die Stichtagserhebungen seien für die Personalplanung auch nicht aussagekräftig, denn die Psych-PV sei veraltet und die Stichtagserhebungen oblägen unterschiedlichen Interesseneinflüssen. Im Interesse des Krankenhausträgers werde dort ein relativ hoher Personalbedarf belegt. Je nachdem, welchem Behandlungsbereich eine Krankheit und ein Patient zugeordnet würden, ergäben sich andere personelle Konsequenzen. Folglich könne das Ergebnis unterschiedlich ausfallen.
Zur Personalplanung erstelle die Arbeitgeberin am Jahresende Stellenpläne für das Folgejahr. Ferner finde monatlich ein Abgleich der VK-Statistik und der Belegschaftsstatistik der Stationen statt. Aus ihm seien Über- oder Unterbesetzungen ersichtlich. Darüber hinaus ermittele sie täglich besondere Pflege- oder Behandlungsintensitäten über eine Leistungserfassung. Bei der personalintensivsten Betreuung, der sogenannten Einzelbetreuung von gefährdeten Patienten, erfolge bei Erfordernis eine ...