Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigungsschutzrechtliche Wartefrist bei vorheriger Beschäftigung im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Formulierung "dessen Arbeitsverhältnis" knüpft § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG an die Dauer der Bindung mit dem jeweiligen Vertragsarbeitgeber an. Die Zusammenrechung mehrerer Arbeitsverhältnisse, zwischen denen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, kommt nur in Betracht, wenn diese Arbeitsverhältnisse mit demselben Vertragsarbeitgeber bestanden haben.
2. Selbst wenn ein Leiharbeitnehmer zuvor mehrere Monate im Entleiherunternehmen auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt worden ist, auf dem er auch im Rahmen einer Anschlussbeschäftigung direkt beim Entleiher tätig wird, handelt es sich nicht um ein einheitliches sondern um zwei aufeinanderfolgende Arbeitsverhältnisse mit verschiedenen Arbeitgebern. Folge ist, dass die sechsmonatige Wartefrist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG neu zu laufen beginnt.
Normenkette
BGB § 242; KSchG § 1 Abs. 1 S. 1; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Entscheidung vom 21.11.2012; Aktenzeichen 7 Ca 24/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 21.11.2012 - 7 Ca 24/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der jetzt 53 Jahre alte Kläger ist ledig und hat ein Kind. Am 06.05.2011 unterzeichnete der Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Firma D. Personal-Service GmbH und Co. KG, nach welchem der Kläger "entsprechend der Tätigkeit im Einsatzbetrieb eingestellt [wurde] als Fertigungsplaner" (Bl. 57 ff. d. A.). Diese Tätigkeit nahm der Kläger zum 09.05.2011 in den Betriebsräumen der Beklagten in C-Stadt auf. Am 14.11.2011 schloss der Kläger mit der Beklagten einen unbefristeten Arbeitsvertrag als Fertigungsplaner. § 14 dieses Vertrages regelte:
"Der Arbeitsvertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Probezeit beträgt 6 Monate. Während der Probezeit ist der Anstellungsvertrag mit einer Frist von 1 Monat zum Monatsende für beide Teile kündbar.
Nach der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden. Verlängerte gesetzliche Kündigungsfristen, die der Arbeitgeber zu beachten hat, geltend gleichermaßen für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer." (Bl. 16 f. d. A.).
Tatsächlich war der Kläger sowohl im November noch für die Firma D. Personal-Service GmbH als auch im Dezember 2011 direkt bei der Beklagten unverändert an demselben Arbeitsplatz bei der Beklagten tätig. Noch im Januar 2012 erteilte die Beklagte dem Kläger ein gutes Zwischenzeugnis (Bl. 25 f. d. A.).
Mit Schreiben vom 15.05.2012 unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat darüber, dass sie beabsichtige, das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit fristgerecht zu beenden (Bl. 24 d. A.). Diesem Kündigungsbegehren widersprach der Betriebsrat mit Schreiben vom 24.05.2012. Gleichwohl sprach die Beklagte mit Schreiben vom 29.05.2012 eine ordentliche Kündigung mit Wirkung zum 30.06.2012 aus (Bl. 22 d. A.). Hiergegen hat der Kläger mit am 19.06.2012 beim Arbeitsgericht Braunschweig eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten Anwendung finde, da er tatsächlich bereits seit dem 09.05.2011 bei der Beklagten in deren Betrieb in C-Stadt gearbeitet habe. Die vorgeschaltete Beschäftigung im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses sei faktisch die Probezeit bei der Beklagten gewesen. Für die Vereinbarung einer weiteren Probezeit mit Wirkung ab dem 01.12.2011 habe es keinen sachlichen Grund gegeben. Die Beklagte habe die Erprobung des Klägers bereits zuvor positiv festgestellt. Dies zeige sich auch an dem positiven Zwischenzeugnis aus Januar 2012. Unwirksam sei auch die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist in der abermaligen Probezeit. Frühestens könne das Arbeitsverhältnis von der Beklagten mit Wirkung zum 30.11.2012 beendet werden.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.05.2012 nicht zum 30.06.2012 beendet wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht,
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Tatbestände endet, sondern zu den unveränderten Bedingungen über den 30.06.2012 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartefrist nach § 1 KSchG geltend gemacht. Maßgeblich sei die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem jeweiligen Vertragsarbeitgeber. Das hier maßgebliche Arbeitsverhältnis zur Beklagten sei erst mit Wirkung zum 01.12.2011 begründet worden. Die kürzere für die Probezeit vereinbarte Kündigungsfrist s...