Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen: 6 AZR 447/02
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rufbereitschaft an Wochenfeiertagen. Überstundenvergütung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob dem Angestellten für die Heranziehung zur Arbeit aus der Rufbereitschaft an Wochenfeiertagen Überstundenvergütung auch für Zeiten zusteht, an denen er ohne den Wochenfeiertag zu arbeiten gehabt hätte.
Normenkette
BAT § 15 Abs. 6b Unterabs. 2, § 17 Abs. 1 Unterabs. 2, Abs. 3 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 2 Buchst. b, Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Urteil vom 12.06.2001; Aktenzeichen 1 Ca 186/01) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 12.06.2002 – 1 Ca 186/01 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 582,65 EUR brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 17.04.2001.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger für die Heranziehung zur Arbeit aus der Rufbereitschaft an Wochenfeiertagen Überstundenvergütung auch für die Zeiten zusteht, an denen er ohne den Wochenfeiertag zu arbeiten gehabt hätte.
Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus. Der Kläger ist bei ihr als Oberarzt zu tariflichen Bedingungen beschäftigt. Die Oberärzte arbeiten montags bis freitags von 7:00 Uhr bis 15:30 Uhr arbeitstäglich 8 Stunden, wobei die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden durch Freischichten erreicht wird. Daneben wird für die Oberärzte abwechselnd Rufbereitschaft angeordnet: Montags bis freitags von 0:00 Uhr bis 7:00 Uhr und von 15:30 Uhr bis 24:00 Uhr, samstags und sonntags von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr. Fällt ein Wochenfeiertag auf einen Montag bis Freitag wird gleichfalls von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr Rufbereitschaft angeordnet. In letzterem Fall bewertet die Beklagte die 24-stündige Rufbereitschaft gemäß § 15 Abs. 6 b Unterabs. 2 BAT zu einem Achtel als Arbeitszeit und zahlt dafür die Überstundenvergütung gemäß § 38 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT. Für angefallene Arbeit einschließlich der Wegezeit zahlt sie daneben den Feiertagszuschlag gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe c, aa und Abs. 2, Unterabs. 3 Satz 2 BAT sowie die Überstundenvergütung gemäß §§ 15 Abs. 6 b Unterabs. 3, 38 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT, soweit die Heranziehung in die Zeit von 0:00 Uhr bis 7:00 Uhr oder von 15:30 Uhr bis 24:00 Uhr fällt. Fällt Arbeit und Wegezeit in der Zeit von 7:00 Uhr bis 15:30 Uhr an, zahlt sie seit April 2000 keine Überstundenvergütung mehr, weil es sich um keine Überstunden handele, da es sich um Einsätze handele, die in die sonst übliche Arbeitszeit fielen.
Der Kläger war am Ostermontag, den 24.04.2000, am Himmelfahrttag, Donnerstag, den 01.06.2000, am Tag der deutschen Einheit, Dienstag, den 03.10.2000 und am 1. Weihnachtsfeiertag, Montag, den 25.12.2000 zur Rufbereitschaft eingeteilt. An diesen Tagen wurde er auch in der Zeit von 7:00 Uhr bis 15:30 Uhr zur Arbeit herangezogen: 5,5 Stunden am 24.04., 7,5 Stunden am 01.06., 7 Stunden am 03.10. und 6 Stunden am 25.12.2000.
Nach vergeblichen schriftlichen Geltendmachungen vom 24.08.2000 und 15.01.2001 hat er mit seiner Klage für diese Stunden die tarifliche Überstundenvergütung des § 38 Abs. 3 Unterabs. 2 BAT eingeklagt:
24.04.2000 |
5,5 Stunden a) 49,61 DM = |
272,86 DM |
01.06.2000 |
7,5 Stunden a) 50,61 DM = |
379,68 DM |
03.10.2000 |
7,0 Stunden a) 50,61 DM = |
354,27 DM |
25.12.2000 |
6,0 Stunden a) 50,61 DM = |
303,66 DM |
insgesamt: |
|
1.310,46 DM |
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei der Bezahlung von tatsächlicher Arbeit an Wochenfeiertagen aus der Rufbereitschaft heraus gehe es nicht um die Vergütung von Überstunden, sondern um die Vergütung von Arbeitsleistung im Rufbereitschaftsdienst. Der Verweis auf die Überstundenvergütung in § 15 Abs. 6 b Unterabs. 3 BAT stelle eine reine Berechnungsgröße dar.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.310,46 DM brutto nebst 8,42 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Tarifvertragsparteien hätten keine Regelung für den Fall getroffen, dass dienstplanmäßige Arbeit in Folge eines Wochenfeiertags ausfalle und für die Zeit Rufbereitschaft angeordnet werde. Diese Lücke müsse dergestalt geschlossen werden, dass bei einer Heranziehung in dieser Zeit keine Überstundenvergütung zu zahlen sei, weil es sich um keine Überstunden handele, da die Arbeitsleistung in die Zeit falle, die ohne den Wochenfeiertag dienstplanmäßige regelmäßige Arbeitszeit sei.
Mit Urteil vom 12.06.2001 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 170,89 DM brutto nebst Zinsen zu zahlen, im Übrigen jedoch die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe für die streitbefangenen Zeiten die Überstundenvergütu...