Leitsatz (amtlich)
§ 22 Abs. 1 S. 2 d) BMT-G II bestimmt ungeachtet der obligatorischen Freizeitausgleichspflicht für Arbeit an den Vorfesttagen eines Zeitzuschlag in Höhe von 100 % für Stunden nach 12:00 Uhr. Ein zwingender Anhaltspunkt für einen ungewollten Wertungswiderspruch zwischen den Bestimmungen in c) und in b) der Tarifvorschrift fehlt.
Normenkette
BMT-G 2 § 22 Abs. 1 S. 2 Buchst. d
Verfahrensgang
ArbG Braunschweig (Urteil vom 22.01.1999; Aktenzeichen 6 Ca 559/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 22.01.1999 – 6 Ca 559/98 – teilweise abgeändert und – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 108,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15.03.1997 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 62,5 %, die Beklagte 37,5 % zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die beiderseits tarifgebundenen Parteien streiten darüber, ob für Arbeit an Heiligabend und an Sylvester außer Freizeitausgleich zusätzlich Zeitzuschläge zu gewähren sind.
Der am 02.02.1950 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1984 bei der Beklagten als Müllwerker beschäftigt. Er erhält seit Dezember 1996 Lohn nach Lohngruppe 3 a des Lohngruppenverzeichnisses. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BMT-G II sowie die diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung statt. Der Kläger arbeitete am 24.12.1996 und am 31.12.1996 von 6:30 Uhr bis 15:00 Uhr für die Beklagte. Er erhielt am 02.01.1997 und am 03.01.1997 entsprechende Freizeitausgleiche.
In den vergangenen Jahren hat die Beklagte aufgrund eines Urteils des Landesarbeitsgerichts in einem Musterprozess (6 Sa 160/85; Urteil vom 22. April 1986) für Zeiten, die der Kläger am 24.12. und am 31.12. vor 12:00 Uhr gearbeitet hat, einen Zeitzuschlag gezahlt, allerdings – im Einklang mit der seinerzeitigen tariflichen Regelung – für diese Arbeitszeiten einen Freizeitausgleich nicht gewährt.
Mit der am 07.10.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung von Zeitzuschlägen für seine Arbeit am 24. und 31.12.1996 verlangt. Er hat gemeint, sein Anspruch für die Arbeitsstunden vor 12:00 Uhr ergebe sich aus betrieblicher Übung, der Anspruch für die Arbeitszeit nach 12:00 Uhr aus § 22 Abs. IS. 1. S. 2 d BMT-G II).
Der Kläger hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 288,00 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15.03.1997 zu zahlen,
hilfsweise
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 108,00 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 15-03.1997 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, Zeitzuschläge könne der Kläger nur dann beanspruchen, wenn er für die am 24. und 31.12. geleisteten Arbeitsstunden einen Freizeitausgleich nicht bekommen habe.
Durch Urteil vom 22.01.1999 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt, den Streitwert auf 288,00 DM festgesetzt und die Berufung zugelassen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung bestehe deshalb nicht, weil keine Übung der Beklagten existiere, für Arbeiten am 24. und 31.12. Zeitzuschläge und Freizeitausgleich kumulativ zu gewähren. Aber auch ein tariflicher Anspruch nach § 22 Abs. IS. 2 d) bestehe nicht. Zwar sei dem Kläger zuzugeben, dass der Wortlaut dieser Tarifbestimmung keinerlei Einschränkungen für die Zahlungsansprüche für den 24. und 31.12. für die Zeit ab 12:00 Uhr enthalte. Eine systematische Auslegung der Tarifbestimmung gebiete jedoch eine teleologische Reduktion. Denn in § 22 Abs. IS. 2 c) seien Zuschlagsregelungen für Arbeiten an anderen Feiertagen normiert, und zwar in der Weise, dass die Zuschläge für Tage mit Freizeitausgleich auch dann weitaus geringer als 100 % seien, wenn diese Tage „in ihrer gesellschaftlichen Wertigkeit höher angesiedelt” seien als die Werktage 24. und 31.12. Es sei nicht anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien bewußt einen derartigen Wertungswiderspruch hätten treffen wollen. Es sei auch dafür kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich. Dieser Widerspruch könne nur so aufgelöst werden, dass die Vorschrift nur dann angewendet werden könne, wenn die Behörde einen Freizeitausgleich nach § 15 Abs. 4 S. 2 BMT-G II nicht gewähren könne.
Wegen der weiteren rechtlichen Erwägungen, die das Arbeitsgericht zu seinem Ergebnis haben gelangen lassen, wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 32-35 d.A.).
Gegen dieses ihm am 17.02.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 17.03.1999 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, d...