Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen: 2 AZR 300/02

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Unwirksamkeit der Kündigung eines Leitenden Arztes im Krankenhaus einer kirchlichen Stiftung mangels Beteiligung der Mitarbeitervertretung, da eine wirksame Exemtion (Herausnahmeentscheidung) nicht vorliegt.

 

Normenkette

MAVO §§ 3, 31

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 21.02.2001; Aktenzeichen 6 Ca 293/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 21. Februar 2001 abgeändert. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die mit Datum vom 29. August 2000 ausgesprochene fristlose Kündigung aufgelöst worden ist, sondern weiterhin fortbesteht.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Leitenden Arzt für Orthopädie bei ihr bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens vorläufig weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte wird verurteilt, die am 29. August 2000 und am 07. September 2000 von ihr ausgesprochenen Hausverbote aufzuheben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Streitwert: unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger weiterzubeschäftigen und die Aufhebung von Hausverboten.

Die Beklagte ist eine kirchliche Stiftung des bürgerlichen Rechts und beschäftigt ca. 700 Arbeitnehmer. Der am 09.01.1944 geborene Kläger ist seit dem 01.10.1985 in dem von der Beklagten betriebenen … in Oldenburg aufgrund Dienstvertrages vom 17.08.1985 (Fotokopien Bl. 5 – 22 d. A.) als Leitender Arzt der Abteilung für Orthopädie tätig. Er erzielte zuletzt ein jährliches Gesamteinkommen von etwa 900.000,00 DM.

Mit Schreiben vom 29.08.2000 (Fotokopie Bl. 23 d. A.), dem Kläger zugegangen am 01.09.2000, kündigte die Beklagte das Dienstverhältnis fristlos. Darüber hinaus sprach sie gegenüber dem Kläger am 29.08.2000 und 07.09.2000 Hausverbote aus.

Bei der Beklagten besteht eine Mitarbeitervertretung gemäß der Mitarbeitervertretungs-Ordnung (MAVO). Die streitbefangene Kündigung erfolgte ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung.

Mit seiner am 08.09.2000 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die fristlose Kündigung und begehrt seine Weiterbeschäftigung. Des weiteren verlangt er die Aufhebung der Hausverbote.

Der Kläger hat das Vorliegen von Kündigungsgründen bestritten und im übrigen gemeint, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere bereits an der fehlenden Beteiligung der Mitarbeitervertretung, denn er sei kein Mitarbeiter in leitender Stellung und außerdem nicht wirksam aus dem Kreis der Arbeitnehmer, für die die MAVO gelte, herausgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die mit Datum vom 29. August 2000 ausgesprochene, fristlose Kündigung aufgelöst wird, sondern weiterhin fortbesteht.
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen als Leitenden Arzt für Orthopädie bei der Beklagten weiterzubeschäftigen,
  3. die Beklagte zu verurteilen, die am 29. August 2000 und 07. September 2000 von der Beklagten ausgesprochenen Hausverbote aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei als sogenannte Druckkündigung gerechtfertigt. Im übrigen lägen auch personenbedingte Gründe (insbesondere autoritärer Führungsstil und mangelhafte Führungsqualitäten) für die Kündigung des Klägers vor. Die Beklagte hat ferner gemeint, die Anhörung der bei ihr bestehenden Mitarbeitervertretung sei vor Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich gewesen, denn der Kläger sei als Mitarbeiter in leitender Stellung gemäß § 3 Abs. 2 MAVO vom Anwendungsbereich der MAVO ausgeschlossen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den ausführlichen Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 633 R-638 d.A.), die erstinstanzlichen Sitzungsniederschriften sowie den Inhalt der zu den Akten erster Instanz gelangten Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat nach Beweisaufnahme (vgl. die Sitzungsniederschriften 1. Instanz vom 24.01.2001 (Bl. 511 – 530 R. d. A.) und 21.02.2001 (Bl. 593 – 602 R. d. A.) durch das am 21.02.2001 verkündete, hiermit in Bezug genommene Urteil (Bl. 633 – 657 d. A.) die Klage kostenpflichtig abgewiesen und den Streitwert auf 301.000,00 DM festgesetzt. Es hat angenommen, die Klage sei unbegründet, denn das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die fristlose Kündigung vom 29.08.2000 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Die Kündigung sei nicht wegen fehlender Beteiligung der Mitarbeitervertretung unwirksam, denn beim Kläger handele es sich um einen vom Anwendungsbereich der MAVO ausgenommenen Mitarbeiter. Als Leiter der Chirurgie habe der Kläger eine leitende Stellung inne, die seine Herausnahme aus dem persönlichen Geltungsbereich der MAVO durch den Diens...

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