Leitsatz (amtlich)
Beginnt die Frist für die gerichtliche Geltendmachung von Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen, erst nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens, so gilt dies nicht für die Rechtskraft anderer Entscheidungen über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, unabhängig von einer arbeitgeberseitigen Kündigung (im Anschluß an BAG Urt. v. 12.11.1998 – 8 AZR 301/97 – NZA 99, 715).
Normenkette
BRTV-Bau
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Entscheidung vom 28.09.1998; Aktenzeichen 2 Ca 100/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 28.09.1998 – 2 Ca 100/98 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten Lohn aus Annahmeverzug verlangen kann.
Der Kläger war bei der Beklagten als Eisenflechter mit einem Bruttostundenlohn in Höhe von 21,00 DM und einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes (künftig: BRTV-Bau) Anwendung.
In der Zeit vom 21.03. bis zum 18.04.1997 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog in diesem Zeitraum von der DAK Krankengeld in Höhe von 2.587,00 DM. Nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung teilte die Beklagte dem Kläger am 25.03.1997 schriftlich mit, aufgrund seiner mündlichen Kündigung vom 20.03.1997 sei das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt beendet worden.
Am 23.05.1998 erhob der Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Wilhelmshaven mit den Anträgen, die Beklagte zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen und festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Eigenkündigung vom 20.03.1997 beendet worden sei.
Das Arbeitsgericht gab der Klage durch Urteil vom 06.10.1997 statt (2 Ca 451/97 ArbG Wilhelmshaven). Die gegen das Urteil eingelegte Berufung nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.01.1998 zurück (4 Sa 2460/97 LAG Niedersachsen).
In der Zeit vom 19.04. bis zum 31.10.1997 bezog der Kläger von der Bundesanstalt für Arbeit Arbeitslosengeld in Höhe von 8.601,60 DM netto.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihm aus Annahmeverzug zur Zahlung von 18.181,90 DM brutto abzüglich 8.601,60 DM netto für den Zeitraum vom 19.04. bis zum 29.09.1997 verpflichtet.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 18.181,90 DM brutto abzüglich 8.601,60 DM netto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettodifferenzbetrag ab 31.10.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe den Kläger nach seiner Genesung vergeblich aufgefordert, die Tätigkeit bei ihr wieder aufzunehmen. Sie hat die Ansicht vertreten, etwaige Ansprüche des Klägers seien nach § 16 BRTV-Bau verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 28.09.1998 verurteilt, an den Kläger 18.181,90 DM brutto abzüglich 8.601,60 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den verbleibenden Nettobetrag seit dem 31.10.1998 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei dem Kläger für die Zeit vom 19.04. bis zum 29.09.1997 aus Annahmeverzug zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Der Anspruch des Klägers sei nicht nach § 16 BRTV-Bau verfallen. Eine schriftliche Geltendmachung sei dann nicht geboten, wenn zwischen den Parteien noch ein Rechtsstreit über das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses schwebe.
Gegen das ihr am 22.10.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.11.1998 Berufung eingelegt und sie am 30.11.1998 begründet.
Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung fest, die Ansprüche des Klägers seien gemäß § 16 BRTV-Bau verfallen. Der Kläger habe seine Lohnansprüche ungeachtet des vor dem Arbeitsgericht anhängigen Rechtsstreits anhängig machen müssen, um die Ausschlußfrist gemäß § 16 BRTV-Bau zu wahren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 28.09.1998 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger bestreitet, von der Beklagten zur Erbringung der Arbeitsleistung aufgefordert worden zu sein. Er verteidigt im übrigen das angefochtene Urteil als zutreffend nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 08.12.1998.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 519 ZPO).
II.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht ein Vergütungsanspruch aus § 615 BGB für die Zeit vom 19.04. bis zum 29....