Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsbefreiung für die Hin- und Rückreise zu einer Personalversammlung außerhalb der Arbeitszeit;. § 44 Nds. PersVG
Leitsatz (amtlich)
Für die Teilnahme an Personalversammlungen außerhalb der Arbeitszeit besteht kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung für die Wegezeiten.
Normenkette
PersVG Nds. § 44
Verfahrensgang
ArbG Lüneburg (Entscheidung vom 16.12.1999; Aktenzeichen 2 Ca 1872/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 16.12.1999 – 2 Ca 1872/99 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Gewährung von Arbeitsbefreiung für die Hin- und Rückreise zu einer Personalversammlung außerhalb der Arbeitszeit.
Der Kläger ist seit dem 01.06.1976 als Tischler im … mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 4.300,00 DM beschäftigt. Am 11.03.1999 führten die Personalräte des … und des – beide Einrichtungen befinden sich in Trägerschaft des Beklagten – in der … um 20:00 Uhr eine gemeinsame Personalversammlung durch. Der Kläger nahm an dieser Personalversammlung außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit teil. Die Fahrtzeit für die Hin- und Rückfahrt von seinem Wohnort in … nach … betrug 1,5 Stunden.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe Anwendung. Mit Schreiben vom 30.04.1999 beantragte der Kläger schriftlich Arbeitsbefreiung für die angefallene Fahrtzeit von 1,5 Stunden. Nachdem der Beklagte dies mit Schreiben vom 03.05.1999 abgelehnt hatte, verlangte der Kläger durch seine Gewerkschaft mit Schreiben vom 10.06.1999 erneut die Gewährung von Freizeitausgleich für die im Zusammenhang mit der Teilnahme an der Personalversammlung angefallene Fahrtzeit. Der Beklagte lehnte das Begehren des Klägers mit Schreiben vom 05.06.1999 ab.
Mit seiner am 06.10.1999 eingegangenen Klage begehrt der Kläger vom Beklagten Arbeitsbefreiung in Höhe von 1,5 Stunden für die Wegezeit zur Teilnahme an der Personalversammlung am 11.03.1999. Er hat die Auffassung vertreten, bei der Teilnahme an einer Personalversammlung außerhalb der Arbeitszeit sei auch für die Zeit der Hin- und Rückfahrt Arbeitsbefreiung zu gewähren; die Wegezeit sei ausschließlich zur Teilnahme an der Personalversammlung erforderlich geworden.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Wegezeit zur Teilnahme an der Personalversammlung am 11.03.1999 1,5 Stunden Arbeitsbefreiung zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, Wegezeiten seien von der Regelung des § 44 Abs. 2 S. 3 Nds. PersVG nicht erfasst.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16.12.1999 abgewiesen. Gegen das ihm am 07.01.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.02.2000 Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist am 06.04.2000 begründet.
Der Kläger hält an seiner Rechtsauffassung fest, ihm stehe aus § 44 Abs. 2 S. 3 Nds. PersVG ein Freistellungsanspruch für die Wegezeit zur Personalversammlung zu. Satz 3 knüpfe an Abs. 2 Sätze 1 und 2 an. Satz 3 gewähre dem Teilnehmenden an einer außerhalb der Arbeitszeit stattfindenden Personalversammlung Arbeitsbefreiung „in entsprechendem Umfang.” Auslegungsmaßstab für den Umfang der Arbeitsbefreiung bildeten die Sätze 1 und 2. Ein „entsprechender Umfang” an Arbeitsbefreiung im Fall der außerhalb der Arbeitszeit stattfindenden Personalversammlung entspreche diesem Maßstab dann, wenn für zusätzliche Wegezeiten in der Freizeit Arbeitsbefreiung erteilt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 16.12.1999 – 2 Ca 1872/99 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Freistellung für die Wegezeit zur Teilnahme an der Personalversammlung am 11.03.1999 für 1,5 Stunden nachträglich zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, in § 44 Abs. 2 S. 3 Nds. PersVG sei die Fallgestaltung geregelt, dass die Personalversammlung außerhalb der Arbeitszeit durchgeführt werde. Arbeitsbefreiung sei in entsprechendem Umfang zu gewähren, wie sie durch die Teilnahme an der Personalversammlung entstehe. Diese Auffassung werde durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Die Begründung des Gesetzes zu § 44 Abs. 2 Nds. PersVG verweise darauf, dass die Regelung des § 39 PersVG übernommen worden sei. Die Begründung zu § 39 weise aber ausdrücklich darauf hin, dass Dienstreisezeiten weder beamtenrechtlich noch tariflich als Dienst- bzw. Arbeitszeit gelten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO).
II.
Die Beruf...