Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung, gerichtlich, Vergleich, Herausgabe, Ausfüllung, Lohnsteuerkarte, Arbeitsbescheinigung, Lohnabrechnung, Gehaltsabrechnung, vollstreckungsfähig, Titel
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zwangsvollstreckung betr. im gerichtlichen Vergleich übernommene Verpflichtung auf Herausgabe einer Lohnsteuerkarte ist gem. § 883 ZPO durch Wegnahme der Sache und nicht gem. § 888 ZPO durchzuführen.
2. Die Zwangsvollstreckung darf nur erfolgen, wenn ein vollstreckungsfähiger Titel vorliegt. Die Verpflichtung, „Abrechnungen zu erteilen”, lässt aber nicht erkennen, welche konkrete Verpflichtung dem Schuldner auferlegt worden ist; sie kann daher nicht vollstreckt werden.
3. Einfache Lohn- und Gehaltsabrechnungen stellen regelmäßig vertretbare Handlungen dar, die nach § 887 ZPO und nicht nach § 888 ZPO erzwungen werden.
4. Die auf Ausfüllung einer Arbeitsbescheinigung und deren Herausgabe an den Gläubiger zielende Verpflichtung des Schuldners erfolgt einheitlich nach § 888 ZPO.
Normenkette
ZPO §§ 887-888, 883
Beteiligte
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 14.06.2001; Aktenzeichen 5 Ca 2409 b/00) |
Tenor
auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14. Juni 2001 – 5 Ca 2409 b/00 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung dahin neugefasst:
Es wird gegen den Schuldner gem. § 888 ZPO ein Zwangsgeld von 166,00 DM – im Nichtbeitreibungsfall: 1 Tag Zwangshaft – festgesetzt, weil der Schuldner der durch den Vergleich vom 2. Februar 2001 eingegangenen Verpflichtung, eine Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III ordnungsgemäß ausgefüllt herauszugehen, nicht nachgekommen ist.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner 1/3 und der Gläubiger 2/3.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist statthaft; sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 569, 577 Abs. 2 ZPO). Die Beschwerde ist teilweise begründet. Im übrigen war sie unbegründet und daher zurückzuweisen.
1. Der Antrag des Gläubigers hat überwiegend keinen Erfolg. Ein Beschluss nach § 888 ZPO darf in Bezug auf die Herausgabe der Lohnsteuerkarte 1999 nicht erfolgen, denn die Herausgabe wird nach § 883 ZPO vollstreckt. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner die Sache wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben. Ein Beschluss nach § 888 ZPO, der auf die Erzwingung einer unvertretbaren Handlung zielt, durfte deswegen nicht ergehen.
2. Auch der Antrag zu 2. ist unbegründet.
In Bezug auf die Abrechnung fehlt dem Vergleich ein vollstreckungsfähiger Inhalt, denn die Verpflichtung, dem Kläger Abrechnungen für die Zeit vom 1. September bis 20. November 1999 zu erteilen, hat nicht den für eine Zwangsvollstreckung erforderlichen eindeutigen Inhalt. Einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat ein Titel nur, wenn der Schuldner etwas leisten muss und diese Leistung selbst nach Art und Dauer bestimmt ist. Was ein Schuldner zu leisten oder zu dulden hat, muss allein auf den Titel – bei Entscheidungen allein nach der Formel – erkennbar sein (LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 22. März 1994 – 5 Ta 33/94 –; Beschl. v. 21. Oktober 1998 – 4 Ta 162/98 –; Beschl. v. 30. Dezember 1998 – 4 Ta 172/98 –). Die Verpflichtung, Abrechnungen zu erteilen, lässt nicht erkennen, welche konkrete Verpflichtung dem Schuldner auferlegt worden ist. Aus der Fassung des Vergleichs ist schon nicht zu erkennen, ob eine Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung erteilt werden soll. Letztlich ergibt sich aus der Verpflichtung nicht, worauf diese konkret gehen soll, ob auf Abrechnung von Überstunden, Weihnachtsgeld, Urlaubsabfindung, auf Tantieme, auf Provision und andere leistungsabhängige Bezüge eines Arbeitnehmers, auf Ansprüche aus verauslagten Beträgen wie Reisekosten und dergleichen mehr oder ob schlicht nur auf ein bestimmtes Monatsgehalt oder eine Monatsvergütung auf der Grundlage eines bestimmten Stundenlohnes.
Unabhängig davon wäre auch im Fall konkreter Beschreibung im Vergleichswortlaut keine Vollstreckung nach § 888 ZPO möglich gewesen, denn vertretbare Handlungen i. S. v. § 887 ZPO sind gerade Abrechnungen, bei denen nur einfache Rechenvorgänge anzustellen sind. Die einfachen Provisions- oder Lohnabrechnungen können anhand vorliegender Lohnunterlagen auch von einem Steuerberater vorgenommen werden, so dass es sich gerade regelmäßig nicht um eine unvertretbare Leistung i. S. v. § 888 ZPO handeln wird (vgl. hierzu die einprägsamen Beispiele bei Ostrowicz/Künzl/Schäfer, Der Arbeitsgerichtsprozess, Rdnr. 437, a. S. 455). Insofern war die Entscheidung des Arbeitsgerichts entsprechend abzuändern und die diesbezüglichen Anträge waren zurückzuweisen.
3. Die weitergehende Beschwerde konnte aber insoweit keinen Erfolg haben, als sie gegen die Verpflichtung zur Herausgabe einer Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III und deren Ausfüllung zielt. Lautet der Vollstreckungstitel nämlich sowohl auf Herausgabe als auch auf Ausfüllen der Arbeitspapiere, hat die Vollstreckung einheitlich nach § 888 ZPO zu e...