Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz des Haftungsschadens bei Verlust einer Sache. Beginn der tariflichen Ausschlussfrist
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer Verletzung des Besitzes ist der sog. Haftungsschaden zu ersetzen, d.h. der Anspruch, dem der Besitzer wegen der Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache ausgesetzt ist. Die Kosten der Ersatzbeschaffung bei Verlust einer Sache sind als Schadensersatz zu leisten.
2. Tarifliche Ausschlussfristen haben den Zweck, innerhalb eines festgelegten Zeitraums endgültig Klarheit über den Bestand von Forderungen und Rechten zu schaffen und damit Rechtsfrieden und Rechtssicherheit herbeizuführen. Deshalb entspricht es in aller Regel dem Sinn und Zweck solcher Ausschlussklauseln, dass ihre Frist mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu laufen beginnt.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 1, § 823 Abs. 1; Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Schleswig-Holstein § 14 Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Entscheidung vom 25.10.2018; Aktenzeichen 3 Ca 671/17) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 25.10.2018 - 3 Ca 671/17 - wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Frachtkosten in Höhe von EUR 225,00 und zur Zahlung von Kosten für die Versicherung in Höhe von EUR 197,50 einschließlich der darauf entfallenden Zinsen richtet. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen auf den Betrag in Höhe von EUR 74,79 erst ab dem 16.03.2018 zu zahlen sind; der weitergehende Zinsantrag der Klägerin wird abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens,
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis geltend.
Die Klägerin betreibt ein Hotel auf S.... Der Beklagte war bei ihr als Direktionsassistent beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Schleswig-Holstein (MTV) kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung Anwendung. Im Januar 2015 händigte die Klägerin dem Beklagten ein Notebook zur dienstlichen und privaten Nutzung aus. Wegen des Inhalts der diesbezüglich getroffenen Vereinbarung wird auf die Anlage K 6 (Bl. 52 f. d.A.) Bezug genommen.
2009 verkaufte die Klägerin dem Hotelgast S. zwei 6-Liter Flaschen des Weins "Chateau Petrus Pommerol", Jahrgang 1999 zu einem Gesamtpreis von € 13.757,60. Der Wein wurde im Keller des Hotels eingelagert, um ihn Herrn S. bei künftigen Besuchen gegen ein Korkgeld zur Verfügung zu stellen. Hiervon machte Herr S. in der Folgezeit keinen Gebrauch. Am 1.5.2015 kam es zu einem Brand in dem Hotel. Anlässlich einer Durchsuchung der Wohnung des Beklagten, der als Brandstifter verdächtig war, beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft am 12.5.2015 das dem Beklagten überlassene Notebook. Das Notebook wurde später an die Klägerin herausgegeben. Die Klägerin stellte am selben Tag fest, dass die beiden Weinflaschen des Gastes S. aus ihrem Hotelkeller verschwunden waren. Der Beklagte hatte diese entwendet und an einen Weinhändler in D... zu einem Preis von jeweils € 9.000,- verkauft.
Mit Schreiben vom 19.5.2015 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis des Beklagten fristlos. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage wies das Landesarbeitsgericht im Verfahren 5 Sa 23/16 mit Urteil vom 12.1.2017 ab. Die vom Beklagten dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BAG mit Beschluss vom 29.06.2017 - 2 AZN 263/17 - als unzulässig verworfen.
Nachdem die Klägerin Herrn S. über den Verlust des Weins informiert hatte, meldete sich im Oktober 2015 ein Anwaltsbüro für diesen wegen dessen zivilrechtlicher Ansprüche gegen die Klägerin. Diese erwarb darauf im November 2015 zwei 6-Liter Flaschen Chateau Petrus Pommerol, Jahrgang 1999 zu einem Preis von € 20.000,- bzw. € 19.500,- netto zuzüglich Frachtkosten in Höhe von € 225,- netto und Kosten für eine Versicherung in Höhe von € 197,50 netto und übereignete diese an Herrn S.
Im Januar 2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, das zu dem Notebook gehörende Ladekabel an sie herauszugeben. Hierauf erwiderte der Beklagte, dass sich das Ladekabel im Büro des Hotels befunden habe und daher von ihm nicht herausgegeben werden könne. In der Folge kaufte die Klägerin ein neues Ladekabel für das Notebook zum Preis von € 74,79 netto.
Mit ihrer am 3.8.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt die Klägerin Schadensersatz wegen der Kosten für die beiden entwendeten Weinflaschen zuzüglich Versicherung und Fracht sowie des Ladekabels.
Hierzu hat sie behauptet: Der Beklagte schulde ihr aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatz aus unerlaubter Handlung wegen der Weinflaschen. Hierzu legt sie eine Abtretungsvereinbarung mit Herrn S. vor (Anlage K 5, Bl. 39 f. d.A.). Der Schaden bestehe auch in der geltend gemachten Höhe. Ihr Verkäufer habe die beiden einzigen noch in Europa auf dem Markt befindlichen 6-L...