REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht. Weisungsrecht. Küchenhilfe. Kaffeeköchin. Konkretisierung. Arbeitspflicht. Schriftform

 

Leitsatz (amtlich)

Auch eine zehnjährige Beschäftigung einer schwerbehinderten Küchenhilfe des öffentlichen Dienstes mit den Tätigkeiten einer Kaffeeköchin bewirkt nicht eine Einengung ihrer Arbeitspflicht auf das Kaffeekochen.

Der öffentliche Arbeitgeber kann ihr rechtsverbindlich andere zumutbare Küchenhilfsarbeiten zuweisen. In Anbetracht der frühzeitigen tariflichen unkündbarkeit der Arbeiter/Angestellten des öffentlichen Dienstes ist deren flexible Einsatzmöglichkeit ein wesentliches Korrelat. Will der öffentliche Arbeitgeber sein umfassendes tarifliches Weisungsrecht -- Direktionsrechtwirksam aufgeben, bedarf es einer entsprechenden eindeutigen Erklärung der mit den Personalbefugnissen ausgestatteten Stelle in der tariflich vorgeschriebenen Form.

 

Normenkette

BGB § 315; MTL II §§ 9, 4 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 23.07.1992; Aktenzeichen 2b Ca 1046/92)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 23. Juli 1992 – 2b Ca 1046/92 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Parteien streiten über den Umfang des Direktionsrechts des beklagten Landes.

Hinsichtlich des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO auf das angefochtene Urteil nebst seinen Verweisungen und die im Berufungsrechtszuge gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist dem Werte des Beschwerdegegenstandes nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung konnte jedoch aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keinen Erfolg haben. Insoweit bezieht sich die Berufungskammer gemäß § 543 ZPO in vollem Umfang auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Die Angriffe der Berufung können eine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht rechtfertigen.

Ergänzend wird darauf hingewiesen:

Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien ist nicht abgeändert worden. Die Klägerin hat zwar in den letzten zehn Jahren nur einen Teil der Küchenhilfearbeiten, nämlich die Arbeiten einer Kaffeeköchin, verrichtet. Damit ist aber nicht die Konkretisierung, also Einengung der Arbeitspflicht auf lediglich die Tätigkeit einer Kaffeeköchin, eingetreten. Die Kammer hat bereits mehrfach, zuletzt im Urteil vom 4. Januar 1990 – 4 Sa 482/89 – darauf hingewiesen, daß auch durch eine mehrjährige Beschäftigung des Arbeitnehmers an einem bestimmten Arbeitsplatz keine das Weisungsrecht des Arbeitgebers verbrauchende Konkretisierung eintritt. Es müssen weitere Tatsachen vorliegen, aus denen die Annahme einer zumindest stillschweigend zustande gekommenen Vertragsabsprache des Inhalts folgt, der Arbeitnehmer werde in Zukunft nur noch an dieser Stelle eingesetzt. Um annehmen zu können, daß ein Arbeitgeber eine derartige, der vertraglichen Pflicht des Arbeitnehmers entsprechende umfassende Weisungsbefugnis aufgibt und auf sein vertragliches Direktionsrecht verzichtet, müssen schon klare Äußerungen der personalbefugten Stellen vorliegen. Die bloße Zuweisung einer bestimmten Tätigkeit hingegen, wie hier die einer Kaffeeköchin, ist nichts anderes als die in § 315 BGB vorgenommene Leistungskonkretisierung (vgl. BAG, AR-Blattei, D-Blätter, Direktionsrecht, Entscheidung 12; Münch-Komm-Söllner, § 315 RZ 42). Vor diesem Hintergrund ist in der Rechtsprechung bezüglich des öffentlichen Dienstes zutreffend anerkannt, daß auch bei einer langandauernden Beschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz bzw. auf einer fest umrissenen Tätigkeit eine Einschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers durch eine Konkretisierung nicht erfolgt (LAG Hamm, Urt. v. 14.01.1982 – 4 Sa 139/91 –; LAG Hamm, Urt. v. 28.09.1982 – 11 Sa 943/82 –).

Gerade im öffentlichen Dienst ist nämlich die vielseitige Verwendbarkeit des Arbeitnehmers betrieblich erwünscht bzw. notwendig (BAG, AP Nr. 5 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Daher korrespondiert die Rechtstatsache, daß, worauf die Beklagte hingewiesen hat, Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, auch Küchenhilfen, verhältnismäßig früh nur noch aus wichtigem Grund kündbar sind, gleichwohl der öffentliche Arbeitgeber die Möglichkeit behalten muß, sie flexibel einsetzen zu können, um Veränderungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Rechnung tragen zu können. In Anbetracht der frühzeitigen Unkündbarkeit der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, auch das hat das beklagte Land richtig erkannt, ist deren flexible Einsatzmöglichkeit für eine effektive ordnungsgemäße Verwaltung unabdingbar. Vor diesem Hintergrund ist von den Tarifpartnern das Direktionsrecht des öffentlichen Arbeitgebers dahin festgeschrieben worden, den Arbeiter abordnen oder versetzen zu können (vgl. § 9 Abs. 7 MTL II).

Eine Abänderung des Vertrages ist auch nicht dann eingetreten, wenn, wie die Beklagte mutmaßt, der Küchenchef H. seinerzeit berechtigt gewesen wäre...

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