Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Urteil vom 05.08.1999; Aktenzeichen 3 Ca 515/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 05.08.1999 – Az. ö. D. 3 Ca 515/99 – wird abgeändert.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.142,12 DM brutto zu zahlen.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits – beider Instanzen – hat der Beklagte zu tragen.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger für Facharzthintergrunddienste, die er im Zeitraum Februar bis August 1998 in der von ihm geleiteten Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe von seiner in der Nähe des Krankenhauses gelegenen Wohnung aus geleistet hat, Bereitschaftsdienstvergütung nach dem BAT beanspruchen kann.
Der Beklagte vergütet die Facharzthintergrunddienste bei den übrigen Ärzten der Abteilung, die diese Dienste ebenfalls von ihren Wohnungen aus leisten, als Bereitschaftsdienst der Stufe B. Diese vertraglich vereinbarte Praxis geht auf eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Beklagten zurück.
Die Parteien haben einen Dienstvertrag geschlossen, der auszugsweise auf Bl. 5 – 6 und Bl. 28 – 29 d. A. wiedergegeben ist. Gemäß § 8 Abs. 1 des Vertrages erhält der Kläger für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I der Anlage 1 a zum BAT (VKA). Abs. 2 räumt ihm ein Liquidationsrecht ein.
Abs. 7 lautet:
„Mit der Vergütung nach Absatz 1 und der Einräumung der Liquidationsrechts nach Abs. 2 sind Überstunden sowie Mehr-, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie Rufbereitschaft abgegolten. Bereitschaftsdienste werden nach BAT bezahlt.”
Der Beklagte hat dem Kläger weder schriftlich noch mündlich die Anweisung erteilt, sich während des Facharzthintergrunddienstes in seiner Wohnung aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 05.08.1999 (Bl. 38 – 43 d. A.) auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen, abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Er macht geltend, die Anordnung von Bereitschaftsdienst könne sich auch aus der Natur der Sache ergeben. Bei den übrigen Ärzten habe die Beklagte anerkannt, daß die von der Wohnung aus erbrachten Facharzthintergrunddienste als Bereitschaftsdienste einzustufen seien. Es liege deshalb auch eine Verletzung des Gleichbehandlunggrundsatzes vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg/Kammer Husum vom 05.08.1999 – Az.: öD 3 Ca 515/99 – abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 24.142,12 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich auf 8.825,25 DM ergebenden Nettobetrag seit dem 08.05.1998 und auf den sich auf 15.316,87 DM ergebenden Nettobetrag ab Klagzustellung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß es eine Anordnung von Bereitschaftsdienst „aus der Natur der Sache” nicht gebe. Mit den übrigen Ärzten sei der Kläger wegen der sehr unterschiedlichen Gesamtvergütung nicht vergleichbar. Auch wenn diesen der Facharzthintergrunddienst als Bereitschaftsdienst bezahlt werde, bedeute dies nicht ein Anerkenntnis, daß es sich tatsächlich um Bereitschaftsdienst handele.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf die bis zum 11.01.2000 gewechselten Schriftsätze und auf das Terminsprotokoll vom 11.01.2000 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Berufung ist größtenteils begründet.
1.
Der Kläger hat aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch darauf, daß ihm die Facharzthintergrunddienste als Bereitschaftsdienste vergütet werden.
a)
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG bestimmt. Er gewährt im einzelnen ein subjektiv-öffentliches Recht gegen den Staat auf Rechtsgleichheit. An ihn sind Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung gebunden (Artikel 1 Abs. 3 GG) und haben ihn als Teil der objektiven Wertordnung zu beachten. Dies gilt auch im Arbeitsrecht, soweit kollektive Ordnungs- und Regelungsbereiche vorliegen (BAG, Urteil vom 03.12.1997 – 10 AZR 563/96 – EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 73 m. w. N.).
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage; er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist daher verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter stellt. Eine unterschiedliche Behandlung ist dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG, Urt. v. 23.04.1997 – 10 AZR 603/96 – EzA § 242 BGB Gleic...