Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Wirksamkeit. Kleinbetrieb. Gemeinschaftsbetrieb. Vergütung. Annahmeverzug. Freistellung von der Arbeit. Freistellung. widerrufliche
Leitsatz (redaktionell)
1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, auch andere als die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten zu erbringen und auch in einem anderen Betrieb tätig zu werden, so ist von dieser Klausel eine Tätigkeit in einem Betrieb nicht erfasst, der zwar zur selben Unternehmensgruppe gehört, jedoch organisatorisch eigenständig ist.
2. Lehnt ein gekündigter Arbeitnehmer eine Beschäftigung in einem solchen Betrieb während der Kündigungsfrist ab, so verliert er nicht deswegen seinen Anspruch auf Vergütung aus Annahmeverzug.
Normenkette
BGB §§ 611, 615, 242; KSchG § 23 Abs. 1, § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 19.08.2009; Aktenzeichen 3 Ca 745 a/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.08.2009 – 3 Ca 745/09 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.828,40 EUR brutto abzüglich 1.482,67 EUR netto nebst Jahreszinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB auf einen Betrag i. H. v.
- 1.528,40 EUR seit dem 01.07.2009,
- 3.005,35 EUR seit dem 01.08.2009,
- 4.644,19 EUR seit dem 01.09.2009,
- 6.666,86 EUR seit dem 01.10.2009,
- 8.188,74 EUR seit dem 01.11.2009 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 46 % und der Kläger zu 54 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristgerechten Kündigung und Zahlungsansprüche.
Der Kläger ist am ….1966 geboren und seit dem 01.08.1983 bei der Beklagten zunächst als Auszubildender, dann als Verkäufer und zuletzt als stellvertretender Marktleiter beschäftigt. Die monatliche Bruttovergütung betrug zuletzt 2.075,00 Euro. Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt der schriftliche Arbeitsvertrag (Bl. 6 + 7 d. A.) zugrunde. Nachdem die Parteien vorab über einen möglichen Wechsel des Klägers zur Firma O. ergebnislos verhandelt hatten, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 30.04.2009 (Bl. 10 d. A.) das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristgerecht zum 30.11.2009. Diese Kündigung hat der Kläger am 20.05.2009 mit Klage angegriffen. Mit Schreiben vom 28.05.2009 (Bl. 57 d.A.) stellte die Beklagte den Kläger widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Der Kläger erhielt Erholungsurlaub für die Zeit vom 20.07.2009 bis 08.08.2009. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 15.07.2009 (Bl. 70 d.A.) auf die Möglichkeit einer befristeten Beschäftigung bei der B. P. GmbH & Co. KG in N. hin und teilte mit, sie werde eine Anrechnung unterlassenen Verdienstes vornehmen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte, die für sich genommen ein Kleinbetrieb im Sinne von § 23 KSchG ist, sei als Gemeinschaftsbetrieb mit der P. B. Verwaltungsgesellschaft mbH, der Baustoffhandel P., der J. und E. H. P. Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH sowie der Firma O. B. P. GmbH & Co. KG anzusehen. Er hat vorgetragen, gemeinsamer Verwaltungssitz aller Firmen, auch der Beklagten, sei die N. Straße 85 in … N.. Die Beklagte diene den gesamtwirtschaftlichen Zwecken der P. Gruppe. Sie sei in diese Gruppe vollständig integriert. Die gesamte Administration für die Verkaufsstelle in der U. Straße werde über die Zentralverwaltung der P. Gruppe abgewickelt. Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten sei Herr G., der zugleich Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der O. B. P. GmbH & Co. KG sei. Er nehme in dieser Funktion die Personalleitungsaufgaben für beide Betriebe persönlich wahr. Auch die Rechnungsstellung für die Beklagte erfolge zentral durch die Firma P. in der N. Straße. Die Buchhaltung für die Beklagte und für den Baustoffhandel P. würden zentral und einheitlich in der N. Straße in N. von denselben Mitarbeitern erledigt, ebenso sei das „Lohnbüro” zentralisiert, nämlich bei der J. und E. H. P. Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH in der O. Straße. Die Lieferantenabrechnungen für die Beklagte würden gemeinsam mit den Lieferantenabrechnungen für den P. Baustoffhandel von der P. B. Verwaltungsgesellschaft mbH in der N. Straße erledigt, ebenso die Kundenrechnungen und die Kassenabrechnung. Fuhrparkleiter für die Fahrzeuge der Beklagten und der Firmen P. sei Herr O., und auch die Botengänge für Bank und Post zweimal wöchentlich würden in Personalunion für die Beklagte und den P. Baustoffhandel von Herrn Sch. erledigt. Auslieferungsfahrten würden von der Firma O. B. P. GmbH & Co. KG für die Beklagte mit erledigt. Der Hausmeister dieser Firma werde auch bei Umbauten bei der Beklagten an der Inneneinrichtung eingesetzt, ebenso wie bei Personalengpässen von krankheitsbedingtem Mitarbeiterausfall Ersatzpersonal von der Firma O. B. P. GmbH & Co. KG bei der Beklagten zum Einsatz komme. Auch die EDV der Beklagten sei mit der EDV...