Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragspflichtige Einnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Beitragspflicht für eine auf der Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen beruhende türkische Rente eines in Deutschland lebenden Rentenbeziehers
Leitsatz (amtlich)
Die von der türkischen Anstalt für soziale Sicherheit (SGK) gezahlte Altersrente ist eine der deutschen gesetzlichen Altersrente vergleichbare Rente aus dem Ausland, auch wenn sie auf Beiträgen beruht, welche von der Versicherten freiwillig nachentrichtet worden sind nach dem türkischen Gesetz Nr 3201 für im Ausland zurückgelegte Beschäftigungszeiten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.10.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus einer türkischen Rente.
Die 1962 in der Türkei geborene Klägerin ist kinderlos, sie lebt in der Bundesrepublik Deutschland und bezieht seit 01.07.2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung iHv zunächst 1.188,30 €; sie ist als Rentnerin pflichtversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Seit 01.07.2014 bezieht sie zudem von der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Versorgungsbezüge von zunächst 458,96 €. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden aus der Rente vom Rentenversicherungsträger und aus den Versorgungsbezügen von der Zusatzversorgungskasse direkt an die Beklagten abgeführt.
2014 beantragte die Klägerin bei der Sosyal Güvenlik Kurumu (SGK), der türkischen Anstalt für soziale Sicherheit, die “Verschuldung (Nachentrichtung) der im Ausland verbrachten Rentenzeiten nach dem Gesetz Nr. 3201„. Die SGK entsprach dem Antrag am 06.01.2015 und forderte von der Klägerin eine Nachentrichtung für die Zeit vom 01.12.1981 bis 31.08.1984 iHv 11.975,04 TL und für die Zeit vom 15.09.1985 bis 10.08.1994 iHv 38.670,91 TL, insgesamt 50.645,95 TL. Nach Angaben der Klägerin kamen nochmals ca 10.000 TL hinzu. Die Klägerin entrichtete diese Beiträge an die SGK. Mit Bescheid vom 14.07.2015 bewilligte die SGK der Klägerin ab 01.04.2015 eine Rente iHv monatlich 1.253,36 TL und ab 25.07.2015 monatlich 1.313,02 TL; die Nachzahlung für die Zeit vom 01.04 bis 28.05.2015 belief sich auf 6.117,57 TL. Die Rentenbewilligung beruht auf einer Versicherungszeit von 34 Jahren und 120 Tagen, einem Beginn der Beschäftigung am 01.12.1980 und ein Ausscheiden am 31.03.2015. Am 26.08.2015 wurde der Klägerin von der Türkischen PTT (Posta Ve Telegraf Teskilati Anonim Serketi), der Aktiengesellschaft der Organisation für Post und Telegramm in der Türkei, eine Rentenzahlung iHv 7.727,79 TL ausgezahlt. Die laufenden Rentenzahlungen erfolgen durch die SGK.
Mit Bescheid vom 20.01.2016 setzte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), ab 01.04.2015 Beiträge fest. Für die Zeit vom 01.04. bis 31.12.2015 forderte sie Beiträge iHv 413,81 € nach. Dabei legte sie unter Berücksichtigung von § 17a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für die Zeit vom 01.04. bis 31.07.2015 türkische Rente iHv umgerechnet 414,76 € zugrunde und für die Zeit ab 31.08.2015 türkische Rente iHv umgerechnet 434,50 €. Auch die laufenden Beiträge ab 01.01.2016 wurden aus einer Rente von 434,50 € iHv 47,37 € monatlich festgesetzt (36,07 € KV und 11,30 € PV) mit einem Beitragssatz von 8,3% zur Krankenversicherung und 2,6% zur Pflegeversicherung.
Die Klägerin erhob am 16.02.2016 Widerspruch und machte geltend, dass die türkische Rente mit der deutschen gesetzlichen Rente nicht vergleichbar sei und daher für die Beitragsberechnung nicht heranzuziehen sei.
Mit Bescheid vom 19.04.2016 setzte die Beklagte zu 1) die Beiträge ab 01.04.2016 neu fest iHv insgesamt 49,75 €.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Ab 01.07.2011 seien ausländische Renten in die Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung einbezogen. Bei der Rente der Klägerin handele es sich um eine Leistung der PTT, bei der es sich um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handele, so dass Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorlägen, die mit deutschen Versorgungsbezügen vergleichbar seien. Nach § 229 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gälten Versorgungsbezüge als der Rente vergleichbare Einnahmen. Für die Bemessung der Beiträge aus ausländischen Renten gelte die Hälfte des allgemeinen Beitragssatzes nach § 241 SGB V, hinzu komme der Zusatzbeitrag nach § 242 SGB V. Für die Pflegeversicherung gelte der bundeseinheitliche Beitragssatz von 2,35% zuzüglich des Beitragszuschlags für Mitglieder ohne Kinder von 0,25%.
Hiergegen richtet sich die am 28.09.2016 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin macht geltend, sie habe die türkische Rente im Wege mehrerer Einmalzahlunge...